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Kunstberichte

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Welcher Egon, bitte?

Aufzählung (cai) "Ich sah, siegte und kam." Von wem ist denn das g’schwind? Sein Name beginnt, glaub’ ich, mit C. Ach ja: Casanova. Und wer kann von sich behaupten: "Ich kam, sah und lackierte"? Irgend so ein Italiener. Caesar? Nein. Kostner. Hubert. (Wer?) Der hat jedenfalls zwölf Nackerte wie Autos lackiert. Aha, weil für die Männer das Auto so etwas ist wie eine Geliebte. (Oh, wie sexistisch! Was machen dann die Frauen am Steuer? Kompensieren die mit der Gangschaltung ihren Männlichkeitsneid?) Kostner überzieht also die Blätter eines Pornokalenders mit Autolack (fast so erotisch wie Zuckerguss). Doch ausgerechnet die gewissen Körperstellen spart er aus. Die Fingernägel? Nein, pikantere Details. Das ist wohl sein spezieller Humor. Die radikale Zensur schlägt in eine Peepshow um.

Die Voyeure kommen aber auch bei jenen delikaten Arbeiten auf ihre Kosten, die er einem Egon gewidmet hat und die sich umschreiben ließen mit: "Er kam, klappte den Deckel hoch und legte los." Falsch, da geht’s nicht um eine "Sitzung", da geht’s um Zigarettenschachteln. Aber statt uns eine total unmoralische Zigarette anzubieten, bastelt Kostner aus den leeren Schachterln originelle Bühnen. Mit witzigen Genreszenen. In einem Packerl "Camel" wird ein Alpenkamel gemolken: eine Kuh. (Und wer ist jetzt dieser Egon ? Ein Kameltreiber, äh: Kettenraucher?) Der versteht sich wirklich auf den ungenierten Kitsch, bei dem die Bosheit im Detail steckt. Und wenn er das Preispickerl von einem Schuhkarton enorm vergrößert, ist das womöglich doch kein Andachtsbild für Schuhfetischisten.Hätte er es sonst mit Spielzeugautos garniert? Andrerseits: Wer seine Schuhe liebt, fährt mit dem Auto.

Galerie Mario Mauroner/Roomnumber One
(Weihburggasse 26), Hubert Kostner, bis 11. November
Di. – Fr.: 11 – 19 Uhr, Sa.: 11 – 16 Uhr

So häkeln echte Kerle

Aufzählung (cai) Ein Mann kommt ins Handarbeitsgeschäft: "Ichwill aus Wolle ein hübsches Viereck herstellen, welcheTechnik können Sie mir empfehlen?" Die Antwort "Häkeln" schockiert ihn, weil eine Häkelnadel ja total unmännlich (und ein Topflappen spießig) ist, drum nimmt er lieber doch die Bohrmaschine. Nein, das ist kein Witz, das ist eine wahre Begebenheit. Okay, wahr ist bloß, dass Fred Sandback sich seine Wolle selber besorgt hat. Den Rest hab ich frei erfunden. Außer das mit dem Bohrer. Mit dem hat er wirklich Löcher in Wände, Boden, Decke gemacht, um dann seine Fäden zu spannen. Meist die Umrisse von simplen geometrischen Formen. Kaum zu glauben, dass er sich vorher immer stundenlang in den Raum eingefühlt hat. Ein stoischer Expressionist? In der Galerie Winter will man nun, sieben Jahre nach seinem Tod, sein Raumgefühl behutsam rekonstruieren. Das blaue Rechteck von 1973, quasi eine Trennwand aus Luft, macht Eindruck. Insgesamt ist alles aber ziemlich platonisch.

Galerie Hubert Winter
(Breite Gasse 17), Fred Sandback, bis 16. November
Di. – Fr.: 11 – 18 Uhr, Sa.: 11 – 14 Uhr

Schlaf essen Schädel auf

Aufzählung (cai) Wenn eine Serie "Sekundenschlaf" heißt, gibt es eigentlich nur drei Möglichkeiten. 1) Die Bilder stellen das ungewollte Einnicken dar . 2) Der Künstler hat sie sich in einem heroischen Kampf mit den eigenen Dös-Attacken abgerungen. Oder 3) beides. Hm. Nur weil sich da einer in melancholische Farbpatzen auflöst und die Finsternis seinen Kopf verschluckt wie der Schlaf das Bewusstsein, müssen das noch lange keine Selbstporträts eines halbert weggetretenen Malers sein. Eh nicht. Adam Bota hat in einem Beisl einen Fremden mit dem Handy fotografiert und ihn dann so engagiert gemalt, als wär’ er es eh selber. Ihn zu "köpfen" ist schon ein bissl billig, aber fleckige Unschärfe und mystische Lichtregie sind gschmackig.

Lukas Feichtner Galerie
(Seilerstätte 19), Adam Bota, bis 12. November
Di. – Fr.: 10 – 18 Uhr, Sa.: 10 – 16 Uhr



Printausgabe vom Mittwoch, 20. Oktober 2010
Online seit: Dienstag, 19. Oktober 2010 16:53:00

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