Das Kunstmuseum Lentos widmet sich im Kulturhauptstadtjahr der Verknüpfung von Bild und Ton
Bilder hören und die Töne sehen
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Verstauter Klang: Gottfried Bechtolds "Medienkoffer", 1972. Foto: Kaligofsky/Generali Foundation
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Von Julia Urbanek
![Aufzählung Aufzählung](00086515-Dateien/wzfeld.gif)
Linz ist neuerdings eine Hörstadt. Im Kulturhauptstadtjahr wurden
beschallungsfreie Ruhepole eingerichtet, in denen man sich vom
Alltagslärm erholt. Ein "Akustikon" am Hauptplatz führt in die Welt des
Hörens ein. Die neu entstandene "Linzer Charta" soll sogar einen neuen
Umgang mit dem akustischen Raum einläuten.
Das Museum Lentos
nähert sich dem Thema nun von der Seite der Kunst an: "See this Sound"
heißt das Megaprojekt, das erstmals den gesamten oberen
Ausstellungsraum auf 2500 Quadratmetern bespielt.
Bild und Ton treffen einander hier in der Medien- und Bildenden
Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts. Von der Popkultur über
Wahrnehmungstheorie bis zur Medientechnologie werden Werke vorgestellt,
die die Verschränkung von Ton und Bild zum Thema haben.
Ein Großteil des Projekts spielt sich außerdem in einer Internetdatenbank ab: Ein Webarchiv macht unter http://www.see-this-sound.at Informationen zum Thema Klang-Bild-Relationen greifbar. Das Ludwig-Boltzmann-Institut für "Medien.
Kunst.Forschung", das dieses Archiv betreut und seit vier Jahren zum
Thema forscht, lädt am heutigen Donnerstag zu einem großen
Medienkunst-Symposium ins Lentos. Damit will man eine Brücke zum
gegenüberliegenden Ars Electronica Center (AEC) spannen, das bis zum 8.
September sein Festival veranstaltet.
Trance-Maschine
Mit dem Thema Medienkunst greift das Lentos eine Linzer "Trademark"
auf, die auch von AEC und dem Offenen Kulturhaus bearbeitet wird, und
stellt sie in kunstgeschichtlichen Zusammenhang: Von der "Augenmusik"
der 20er Jahre, dem "absoluten Film", der Musik und Film eng
verknüpfte. Werke von Hans Richter, Mary Ellen Bute, Oskar Fischinger
und die "Symphonie Diagonal" von Viking Eggeling – eine projizierte
neue Formensprache – dominieren die ersten Räume. Unter dem Schlagwort
"Grenzlinienkunst" werden die experimentellen Kompositionen von John
Cage thematisiert, Werke von Yoko Ono oder George Brecht zeigen die
beginnende Fluxusbewegung.
"Neue Wahrnehmungsweisen" wiederum zeigen etwa Brion Gysins
"Dreammachine", ein rotierendes Lichtobjekt, das bei längerer
Betrachtung in Trancezustände versetzt. David Rokebys "Very Nervous
System" führt in eine der zahlreichen Black Boxes: bei Dämmerlicht
erzeugt der Besucher hier durch seine Bewegungen Klangsequenzen. Auch
bei Laurie Andersons "Handphone Table" muss der Besucher aktiv werden:
Wer seine Ellbogen auf den Tisch drückt und sich die Ohren zuhält, wird
Klänge hören, die niemand sonst im Raum vernimmt. Einen rosaroten Blick
vermittelt das von Komponist La Monte Young entwickelte "Dream House":
Im intensiven Licht, unter dröhnenden Klängen spaziert man über
Teppichböden und sieht hinunter auf eine grellpinke Donau.
Weitere Kapitel widmen sich der Popkultur und der Beziehung zwischen
Ton- und Bildspur im Film. Peter Kubelkas Film "Arnulf Rainer" arbeitet
dabei auf mehreren Ebenen: Wie Werke von James Whitney und Mary Ellen
Bute wird er zweimal täglich im Kinoraum gezeigt – außerdem hängen die
Filmstreifen, die auf der Leinwand Licht und Dunkel, Rauschen und
Stille erzeugen, wie eine Schwarz-Weiß-Partitur vor dem Eingang des
Kinos.
Die Ausstellung sei "einer der ganz großen Brocken im
Kulturhauptstadtjahr", erklärte Linz09-Intendant Martin Heller.
Freilich: Auch für das Publikum könnte diese gigantische Schau in ihrer
Fülle ein schwerer Brocken sein – der allerdings wohl erstmals so
vielfältig und klug die Vernetzung von Medienkunst und Bildender Kunst
erschließt.
Ausstellung
See this Sound – Versprechungen von Bild und Ton
Cosima Rainer (Kuratorin)
Lentos Kunstmuseum Linz
http://www.lentos.at
bis 10. Jänner 2010
Printausgabe vom Donnerstag, 03. September 2009
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