Über Oswald Oberhuber zu schreiben bedeutet
vieles: jahrzehntelange Präsenz in Kunstgeschichte und Geschichte in
wesentlichen Institutionen wie der vormaligen Hochschule, jetzt
Universität für angewandte Kunst oder der Galerie nächst St. Stephan. Dann
seine Jahre als wichtiger Ausstellungsmacher, Rektor und Lehrer, in denen
er internationale Persönlichkeiten wie Bazon Brock und Joseph Beuys nach
Österreich holte, sind unvergessen.
Nicht zuletzt geht es nun aber um eine Ausstellung zum 75. Geburtstag
des Ehrenmitglieds der Secession, die im Hauptraum und im Grafischen
Kabinett stattfindet. Kurator ist der Direktor der Deichtorhallen in
Hamburg, Robert Fleck, der mit Oberhuber schon in der Galerie nächst St.
Stephan arbeitete. Gemeinsam haben sie wesentliche Stationen und Aspekte
des Werks beleuchtet, die in der österreichischen Öffentlichkeit immer
noch zu wenig bekannt sind. Das Haus im Haus der Biennale Venedig 1972
(mit Hans Hollein) steht da hinter den wuchernden frühen informellen
Plastiken, die Oberhuber noch als Student der Kunstgewerbeschule am
Dachboden in Innsbruck aus Gips, Draht, Holz oder Fetzen hergestellt hat.
Was darf Kunst sein?
Vorhanden sind bis zum Exponat des Mumok mit dem inhaltsweisenden Titel
"Ende" von 1951 nur mehr ein kleiner Teil, doch tauchen da und dort noch
welche in Kollegenkreisen auf. Sein Blick nach Frankreich und Amerika, weg
von traditioneller Bildhauerei, hat sichtbar auf Nachfolger wie Franz West
gewirkt.
Ergänzend ist die abgelehnte Arbeit im öffentlichen Raum (Innsbrucker
Chirurgische Klinik), "Röhrenplastik", von 1969 aufgebaut worden. Sie
bewirkte einen Kunstskandal und die Debatte darüber, ob eine Skulptur auch
aus industriell vorgefertigten Materialien bestehen darf und damit Kunst
sein kann.
Die frühen Materialbilder, ein paar neue schwarzgrundige Gemälde,
einige Figurationen aus den Achtzigerjahren und neue Papierplastiken
ergänzen die offene Ansammlung.
"Ich bin ein Dieb"
"Ich bin ein Dieb" hatte der Künstler mit einer Arbeit von 1969 auf die
Freude an der Paraphrase in der kommenden Postmoderne prognostiziert. Mit
Ironie platzierte er auch Buchstaben, Symbole, ganze Sätze oder Zahlen auf
Bilder – zu einer Zeit, als hierzulande noch wenige von Konzeptkunst
redeten. Auch damit hat Oberhuber die nachkommende Generation seiner
Schüler stark beeinflusst, er machte aber auch auf die avantgardistischen
Züge der Wiener Moderne um 1900 in der Kunstgewerbeschule aufmerksam und
positionierte sie als Rektor in einen internationalen Rang. Seine
Ausstellungen im Heiligenkreuzerhof, etwa "Wille zur Form" oder "Agnes
Martin" sind heute legendär.
Es ist interessant, wie seine Vorgriffe auf die Arte-povera mit
bemalten Fellen oder Brot neben der lyrischen Note seines Informel heute
wirken: die Drahtplastik an der Stirnwand des Seitenschiffs im Hauptraum
erreicht die Klassik des Olbrichbaus. Oder ist es das antikultisch
wirkende Credo eines "Nebenprodukts", das heute besser verständlich ist?
Oswald Oberhuber : Der ewige Prozess der Geburt
Kuratiert von Oswald Oberhuber und Robert Fleck
Secession: Hauptraum, Grafisches Kabinett
26. 1. – 19. 2. 2006
Österreichs lebendigster Klassiker.
Secession: Eine Retrospektive zum 75. Geburtstag von Oswald Oberhuber
zeigt 200 Werke des Künstlers
Donnerstag, 26. Jänner
2006