In der Affäre rund um den zurückgetretenen MAK-Direktor Peter Noever gerät das Kuratorium ins Visier
"Kritik zur Kenntnis genommen"
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Nach Peter Noevers Abgang als Direktor hat sich noch kein Friede im MAK
eingestellt. Die Pforten des Hauses warten unterdessen auf eine neue
Führungsperson. Bis spätestens 2012 soll sie kommen. Foto: apa/Herbert
Pfarrhofer
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Von Christoph Irrgeher
Massive Kritik am MAK-Kuratorium aus dem Museum.
Neuer Bericht über Affäre Noever wird publik.
Wien.
Sollte die Größe eines Mannes nach der Zahl seiner Feinde gemessen
werden, ist Peter Noevers Bedeutung kaum zu unterschätzen. Der
Ex-Direktor des Museums für angewandte Kunst (MAK), der im Februar
zurückgetreten ist, spaltet die Kulturszene wie kein Zweiter.
Während sich die Huldigungen seiner Freunde derzeit auf der Homepage http://propeternoever.at
stapeln, schießen die Gegner – trotz Noevers Rücktritt nach
Geburtstagsfesten auf MAK-Kosten für dessen Mutter – unvermindert
scharf. Und sie geißeln auch ein Gremium, das Noever eigentlich
kontrollieren hätte sollen: das Kuratorium des Museums unter Vorsitz von
Erste-Bank-Chef Andreas Treichl.
Wie es aus Kreisen des Betriebsrats heißt, sei dieser Zirkel aber
kaum mehr als Noevers "Habererpartie" gewesen. Treichl, so die Kritik,
habe die gegen Noever erhobenen Vorwürfe einfach nur "zur Kenntnis
genommen".
So zum Beispiel im Fall von Noevers Homepage. Als diese vor rund acht
Jahren online ging (Kostenpunkt nach Museumsauskunft: 11.500 Euro),
hätte sie keinen Bezug zum Museum gehabt. Der Betriebsrat habe dieses
Problem im Kuratorium aufgeworfen. Der Protest bewirkte im Wesentlichen
nur, dass ein MAK-Logo auf die Noever-Homepage kam; seither wurde diese
dann als integraler Bestandteil der Internet-Präsenz des Museums
bezeichnet.
Wundersame Kostenvermehrung
Hinsichtlich der Geburtstagsfeste wiederum hätten die internen
Debatten mit Noever nicht gefruchtet. Wirkung taten die Fakten erst, als
der Grüne Wolfgang Zinggl 2010 eine parlamentarische Anfrage startete.
Auf Anweisung von Kulturministerin Claudia Schmied beauftragte das
Kuratorium daraufhin die Firma PricewaterhouseCoopers (PwC) mit einem
Prüfbericht. Nach und nach kam es zu einer wundersamen Kostenvermehrung:
Bezeichnete das Kuratorium die Partykosten – unter Berufung auf den
Prüfbericht – erst als „geringen Aufwand“ und nannte wenig später einen
Betrag von knapp 11.000 Euro, kolportierte das Ministerium – ebenfalls
mit Verweis auf den Bericht – umgehend Kosten von knapp 22.000 Euro. Wie
aus dem Kuratorium zu hören, sei daraufhin über das weitere Vorgehen
beraten worden. Eine Abstimmung sei dann (sieben zu zwei) für die
Zahlung des geringeren Betrags ausgegangen.
Doch die Kosten wuchsen weiter – und zwar auf rund 100.000 Euro –,
als Noever selbst ein Geständnis ablegte: Es habe Unregelmäßigkeiten bei
der Abrechnung der Catering-Kosten gegeben. Noever, gegen den umgehend
Anzeige erstattet wurde, hinterlegte daraufhin für den Fall weiterer
Schäden insgesamt 220.000 Euro (ein Akt "tätiger Reue", durch den er
womöglich einer gerichtlichen Strafe entgeht). Und nahm den Hut.
Warum
der 69-Jährige die Flucht nach vorn antrat? Kurz vor dem Rücktritt
hatte Zinggl den Rechnungshof gebeten, in der Angelegenheit aktiv zu
werden. Ein Zusammenhang scheint nicht ganz abwegig.
"Haltlose Kritik, sofort gehandelt"
Während das Kulturministerium seit dem Abgang fieberhaft nach einem
Nachfolger sucht – 2012 hätte ohnehin ein neuer MAK-Direktor beginnen
sollen –, versucht das Kuratorium, mit einer weiteren Kontrolle
Aufklärung zu schaffen. In einer "vertiefenden Prüfung" hat PwC in den
Vorwochen die Bücher des MAK abermals auf drei Vorwürfe hin geprüft –
dies betrifft neben den erwähnten Geburtstagsfeiern Noevers
Überseereisen sowie Chauffeurskosten.
Das Ergebnis soll heute Nachmittag in einer Kuratoriumssitzung publik
werden. Dass PwC erneut prüfte (bis ins Jahr 2000), sei im Licht jener
Erkenntnisse sinnvoll gewesen, die man vor Noevers Geständnis nicht
besessen habe, sagt ein Sprecher von Andreas Treichl. Die Kritik am
Vorgehen des Kuratoriums weist er als „völlig haltlos“ zurück. "Bei
Vorliegen eines begründeten Verdachts hat das Kuratorium sofort PwC
beauftragt."
Ihr Ende findet die Affäre aber wohl erst durch die
Ergebnisse des Rechnungshofs. Einen Rohbericht gibt es womöglich bis
Herbst 2011. Begonnen hat die Prüfung am Wiener Stubenring aber noch
nicht.
"Dem Steuerzahler überantworten"
Von dieser Durchleuchtung erhoffen sich Kritiker jedenfalls mehr als
von der PwC-Analyse. Dabei könnte nicht nur erneut Noevers Homepage ins
Visier geraten, sondern auch die Biografie "Peter Noever chronisch
obsessiv": Der 800 Seiten starke Wälzer wurde mit dem Geld des Museums
und von dessen Freundeverein bezahlt. Und: Wie es aus dem Museum heißt,
habe Noever im MAK nicht nur seine Mutter, sondern auch sich selbst auf
Festen hochleben lassen. Weil in beiden Fällen, wie es heißt, Künstler
dabei waren, hätte man diese "Mischveranstaltungen" – zumindest zum Teil
– "dem Steuerzahler überantworten können".
Zum Feiern dürfte dem MAK-Personal auch nach Noevers Ende nicht
zumute sein. Die Interims-Leiterin, Martina Kandeler-Fritsch, will
Gräben vergessen machen. Weil sie Stellvertreterin des Vorgängers war,
gilt sie intern aber einigen als "Fortsetzung des Systems Noever".
Überbrücken müsste man die Gräben – was aber wohl nur einer
außenstehenden Person gelänge.
Printausgabe vom Mittwoch, 23. März 2011
Online seit: Dienstag, 22. März 2011 21:24:00