Industrie und Kultur mit Herz
Hedwig Kainberger Essen (SN). Kann man Linz steigern? Grammatikalisch nicht, industriell und kulturell schon. Dies lässt sich an alter und neuer Europäischen Kulturhauptstadt – Linz und Essen – erkennen.
Essen als Repräsentantin des Ruhrgebiets steht für das mächtigste Zentrum der europäischen Industriegeschichte. Die dort geförderte Kohle trieb jahrzehntelang Dampfmaschinen und Dampfloks in ganz Europa an; dortige Innovationen in Organisation und Technik – in Firmen mit Namen wie Flick, Thyssen, Krupp oder Haniel – sorgten für Wohlstand auf dem gesamten Kontinent. Die industriellen Leistungen des Ruhrgebiets stellen sogar Linzer Riesen wie VOEST und Chemie Linz oder Erfindungen wie das LD-Verfahren in den Schatten.
Die Zeche Zollverein in Essen (Bild oben) war das industrielle Herz der Region und zudem eine frühe Glanzleistung europäischer Industriearchitektur (von Fritz Schupp und Martin Kremmer). Seit 23. Dezember 1986 steht die Steinkohleförderung still.
2002 wurde die Zeche Zollverein in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen. In den Vorjahren wurde begonnen, die Zeche Zollverein touristisch (mit Führungen) und kulturell (mit Veranstaltungen) zu nutzen. Für das Jahr als Europäische Kulturhauptstadt wird die Zeche Zollverein das kulturelle Herz der Region: Dort wird am 9. Jänner das Eröffnungsfest stattfinden, dort ist zudem das Besucherzentrum von Ruhr 2010 und das neue Ruhr Museum, zu dem nach Plänen von Architekt Rem Kolhaas die Kohlenwäsche umgebaut worden ist.
Die Zeche Zollverein ist eines von vielen faszinierenden Industriedenkmälern, die nun mit Kunst belebt werden, insbesondere mit dem 2002 gegründeten Festival Ruhrtriennale. Hinzu kommt in diesen Ballungsraum mit fünf Millionen Einwohnern eine beachtliche Dichte an Opern-, Konzert- und Schauspielhäusern sowie Museen, die 2010 mehr denn je bespielt werden. Auch das Folkwang-Museum in Essen, seit 2007 um 55 Mill. Euro von David Chipperfield Architects ausgebaut, wird am 30. Jänner eröffnet.