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Schmied sucht neuen Chef fürs KHM

18.09.2007 | 18:30 | NORBERT MAYER (Die Presse)

Wilfried Seipel wird Ende 2008 abgelöst: Die Kulturministerin verlängert den Vertrag des Geschäftsführers des Kunsthistorischen Museums nicht. Er wird als Partner bis Ende 2009 einem Generaldirektor zur Verfügung stehen.

Das Rennen um den mächtigsten Museumsposten Österreichs wurde am Dienstag von Kulturministerin Claudia Schmied eröffnet: Wilfried Seipels Vertrag als Geschäftsführer des Kunsthistorischen Museums (KHM) werde über das Vertragsende am 31. Dezember 2008 nicht mehr verlängert, hieß es aus dem Ministerium. „Seipel zeigt für diese Entscheidung großes Verständnis“, teilte Schmied mit. Er werde nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer nicht Generaldirektor des Museumskomplexes bleiben.

Die Einvernehmlichkeit wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Man verhandle noch die Modalitäten einer Partnerschaft, so das Büro Schmied. Seipel übt nämlich eine Doppelfunktion aus. Als Geschäftsführer des eigenständigen KHM und als Beamter der Stufe AI-VII soll er mit insgesamt rund 240.000 € pro Jahr entlohnt werden. Der erste, höher dotierte Vertrag läuft Ende 2008 aus, als Hofrat geht Seipel aber erst Ende 2009 in Pension.


Lob und Tadel für 17 Jahre

Bis dahin soll er dem KHM und dem neuen Chef zur Verfügung stehen. „Diese Entscheidung ist insofern erfreulich, da angesichts der relativ knappen Zeitspanne bis zum Dienstantritt der neuen Leitung eine gut vorbereitete Übergangszeit besonders wichtig ist“, so das Ministerium. Und der scheidende Direktor zur APA: Eine Lösung, bei der jemand anderer Geschäftsführer, er selbst weiterhin Direktor gewesen wäre, hätte nur Zwist hervorgerufen. „Ich bleibe gerne noch ein Jahr Beamter und habe auch keine Berührungsängste mit einem Nachfolger.“

Der Abschied kam nicht überraschend. „Uns ist jetzt eine Aufbruchsstimmung wichtig“, hieß es aus SPÖ-Kreisen. Das klingt verhaltener als das Lob der Ministerin, die „eine verdienstvolle, über 17 Jahre andauernde Leitungsperiode“ konstatierte, in der Seipel „das KHM maßgeblich geprägt hat“. Seipel war von der SPÖ zum Buhmann konservativer Kulturpolitik abgestempelt worden. Nach dem Diebstahl der auf Dutzende Millionen Euro geschätzten Saliera-Skulptur (2003) und nach einem kritischen Rechnungshofbericht (2005) über eine Reihe angeblicher Unregelmäßigkeiten hatte sie vehement seinen Rücktritt gefordert.

Schmied deutete bereits seit dem Frühjahr an, dass sie im Herbst eine Weichenstellung in der Museumslandschaft anstrebe. Sie beginnt nun mit dem größten Brocken. Ab Ende Oktober wird die Geschäftsführung des KHM international ausgeschrieben. In Wien wird kolportiert, dass die Direktoren Max Hollein (Frankfurt a. M.), Klaus-Albrecht Schröder (Albertina), Agnes Husslein (Belvedere) zu den aussichtsreichen Kandidaten gehören, aber auch ein Manager aus Berlin soll zu den Favoriten zählen. „Kein Kommentar“, hieß es aus dem Ministerbüro.

Geteilt wie immer die Reaktionen: „Besser spät, als nie“, sagte der Kultursprecher der Grünen, Wolfgang Zinggl. „Weitere 15 Monate der Unfähigkeit und Verschwendung sind nicht akzeptabel und kein Grund für Euphorie.“ Erleichtert zeigte sich SPÖ-Kultursprecherin Christine Muttonen. Ex-VP-Staatssekretär Franz Morak hingegen lobte den „unbestreitbar erfolgreichsten Langzeitdirektor eines Bundesmuseums.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.09.2007)


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