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Die tollste "Ich-AG" der Welt

US-Superstar Cindy Sherman riesengroß (und fast inkognito) im Kunsthaus Bregenz.

CHRISTA DIETRICH

christa.dietrich@vn.vol.at, •72/501-225

Bregenz (VN) Wenn man sich auf gut 200 Arbeiten fast immer selbst darstellt, braucht man womöglich wirklich nicht persönlich anwesend zu sein.

Vielleicht ist es dem Kunsthaus Bregenz aber auch einfach nicht gelungen, die 1954 geborene Cindy Sherman - und damit die wohl berühmteste Fotokünstlerin der Welt - anlässlich der Übernahme ihrer Retrospektive vom Museum Jeu de Paume in Paris nach Österreich einzuladen.

Wie auch immer. Nach 30 selbst produzierten Ausstellungen sei das die erste Kooperation mit anderen Häusern, rechtfertigt KUBDirektor Eckhard Schneider die Entscheidung, einmal das zu bieten, was an sich nicht ins Konzept des Hauses passt - nämlich eine Retrospektive.

Letztendlich zählt aber doch das Ergebnis. Und da mag man sich beim Abschreiten sämtlicher Geschosse des Kunsthauses durchaus für die Idee erwärmen.

Und zudem sind das Jeu de Paume, das Louisiana Museum of Modern Art oder der Gropius-Bau in Berlin (also jene Häuser, mit denen das KUB für diese Schau zusammenarbeitet) ja keine schlechten Adressen.

Alle Werkgruppen

Trotz chronologisch geordneter Schau sei den Besuchern geraten, die Verweildauer im Haus möglichst großzügig anzusetzen. Eckhard Schneider und Kurator Rudolf Sagmeister hatten nämlich in der Tat den Ehrgeiz, so gut wie alle wichtigen Werkgruppen im Schaffen der Sherman ordentlich zu präsentieren.

Daraus ergibt sich vom Erdgeschoss bis zum Dach nämlich eine Fülle von Geschichten, die sich in den Inszenierungen von Cindy Sherman verbergen. Die tollste "Ich-AG" der Welt möchte man meinen, die das "Ich", also die Sherman selbst, völlig unbeleuchtet lässt. Man erfährt bestenfalls etwas von ihrem Anliegen. Und da hat sich die Mode-Industrie sowie die Emanzipationsbewegung ja stets bedient oder bedient gefühlt.

Lassen sich die "Bus Riders" und "Murder Mystery" noch als witzig aneinandergereihte Fotogeschichten lesen, so kippen bereits die harmlos scheinenden "Film Stills" aus den späten Siebzigerjahren ins Mysteriöse. Sherman lässt sich vor ausgesuchten Gebäuden fotografieren und täuscht damit jeweils eine andere Rolle vor. Später werden die Gebäude durch Dias ersetzt. Noch später, in den "Centerfolds", kommentiert sie in Selbstinszenierungen das Bild der Frau in den Medien. Das ist perfekt und unnachahmlich.

Unentblößt

Die "Sex Pictures" mit Puppenteilen (in denen sich die Hauptdarstellerin zudem nie wirklich entblößt) sowie die "History Portraits" und die "Horror Pictures" zählen wohl zu den bekanntesten Arbeiten. In den 80 er- und 90 er-Jahren entstanden, offenbart sich hier eine enorme Themen- und Erzählvielfalt.

Das Schöne daran: Die vielzitierte Cindy Sherman lässt sich hier nicht wirklich fassen. Und keine Angst - auch wenn die Bilderflut im KUB äußerst üppig ist, die Gefahr, (etwa wie im Alltag) davon erschlagen zu werden, stellt sich nicht ein. Denn in dieser "Ich-AG" rückt ja eigentlich immer der Betrachter in den Mittelpunkt.

Die Ausstellung mit Arbeiten von Cindy Sherman wird heute Abend eröffnet und ist vom 2. Dezember bis 28. Jänner im Kunsthaus Bregenz, Di bis So, 10 bis 18 Uhr, Do bis 21 Uhr, zu besichtigen.

Cindy Sherman inszeniert sich in allen ihren Bildern selbst - und bietet damit den Betrachtern vielfältige Geschichten an. (Fotos: Gmeiner

Beispiel aus den "History Portraits" von Cindy Sherman.




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