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16.12.2005 - Kultur&Medien / Ausstellung
Malerei: Doppelter Sonnenaufgang
VON JOHANNA HOFLEITNER
China Retour. Das Ende einer Tournee abstrakter österreichischer Malerei im Mumok.

Für Uneingeweihte mag es überra schen, dass der Anstrich der aktuel len Ausstellung im MUMOK gar so chinesisch ausgefallen ist: Da zieren Goldfische Einladung, Plakat, Folder und Katalog, und zum Eintritt gibt es als Draufgabe Glückskekse mit Künstlersprüchen.

Das fernöstliche Flair rechtfertigt hauptsächlich die Vorgeschichte: "China retour" ist die Schlussfassung einer von Mumok-Direktor Edelbert Köb kuratierten Tournee "Neuer abstrakter Malerei aus Österreich" mit Werken von Erwin Bohatsch, Herbert Brandl, Gunter Damisch, Hubert Scheibl, Walter Vopava, Otto Zitko, die zuvor sechs Monate durch vier chinesische Museen, von Shanghai bis Guangzhou, gereist war.

Ein entscheidender Aspekt dieser China-Tour fällt allerdings vor dem hiesigen Publikum flach: Die Mission, abstrakte Kunst nach China zu bringen und damit zur kulturellen Öffnung des Landes beizutragen. So war man im Vorfeld verführt zu fragen, welchen Sinn hierzulande so eine Präsentation sechs hinlänglich bekannter und nur zum Teil durch die legendäre "Hacken-im-Eis-Ausstellung" (1986) verbundener Künstler machen kann, wo Arbeiten derselben doch auch in der gerade im Mumok zu Ende gegangenen Sammlerschau "Entdecken & Besitzen" in hoher Quote vertreten waren?

Dieses Mankos muss sich Köb vor dem Heimspiel bewusst gewesen sein - nicht nur als Kurator, sondern auch als einer Öffentlichkeit verantwortlicher Museumsdirektor. Wie hätte er sonst Brandls Kalauer "Im Osten geht die Sonne auf, im Westen auch" als Untertitel zulassen können? Um eine andere legendäre Wiener Ausstellung zu zitieren: "Einfach gute Malerei" ist also die eigentliche Botschaft dieser Schau.

Diese ist umso bezwingender ausgefallen. Drei Ebenen hat das Museum dafür freigemacht. Jedem der sechs Maler steht ein großzügiges Areal zur Verfügung, vertiefende Einzelpräsentation und Dialog stehen in spannendem Wechselverhältnis.

Geradezu puristisch der Auftakt: Kraftvoll bündeln sich da Otto Zitkos Linienknäuel auf Aluminium zu einem imposanten Farbakkord aus Orange, Rot, Blau, aber auch neutralem Grau. Ihm folgen in der hinteren Saalhälfte die bald delirierenden, bald technoid daherkommenden Farbräume Hubert Scheibls. In Format und Gestus an Kinoleinwände erinnernd, konnten sie ihre Wirkung selten so eindrucksvoll entfalten.

Sehr geglückt ist auch die Zwiesprache zwischen den Großformaten Vopavas und Bohatschs. Was die beiden verbindet, ist ihre meditative Grundhaltung sowie eine gedämpfte Farbpalette. Was sie unterscheidet, ist ihre Art, der Malerei Tiefe zu verleihen: Vopava, indem er innerhalb einer blockhaften Struktur auf eine samtene Tiefenwirkung hinarbeitet. Bohatsch, indem er die Farbe von ihrer Flüssigkeit und das Bild von der Fläche her begreift, in der er Erstere zum Rinnen bringt. Weniger schlüssig hingegen die Präsentation von Gunter Damisch und Herbert Brandl. Die geringe Raumhöhe der Nebengeschoße engt diese komplett ein, von Brandl konnte ein Opus Magnum - eine komplexe 16-teilige Serie - überhaupt nur auszugsweise gehängt werden.

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