Salzburger Nachrichten am 1. Oktober 2005 - Bereich: Kultur
Kunst im Tunnel

Die Mozartstadt Salzburg bekommt im Mozartjahr ein Festival ohne Mozart: Zwei Monate lang wird in der Altstadt neueste Kunst geboten.

Hedwig KainbergerSalzburg (SN). Jene Besucher und Einwohner Salzburgs, denen die neue Statue von Markus Lüpertz auf dem Ursulinenplatz zu wild, zu fremd oder zu modern erscheint, müssen sich auf noch deftigere künstlerische Kost einstimmen. Was Max Hollein als Kurator für Bildende Kunst für das Festival "Kontracom" vom 12. Mai bis 16. Juli 2006 vorbereitet, sind nach Zahl und Ausdrucksstärke Kunstprojekte im öffentlichen Raum, wie sie in Salzburg noch nie zu erleben waren. Das Programm von "Kontracom" wurde am Freitag in einer Pressekonferenz in Salzburg vorgestellt.

Hollein hat zehn Künstler eingeladen, bestimmte Orte in der Altstadt für diese zwei Monate künstlerisch zu gestalten, um Realität "zu spiegeln, zu brechen und zu hinterfragen", wie Hollein erläuterte. Jonathan Meese zum Beispiel wird das Sigmundstor für zwei Monate gestalten. Meese werde voraussichtlich die "gesamte Salzburger Geschichte sezieren", so wie er sich bisher "an jede Mythensuppe herangemacht hat", kündigte Hollein an. Der Verkehr werde ungehindert durch den Stadttunnel fahren, allerdings: "Das Erlebnis wird ein anderes sein", versicherte Hollein.

Die türkisch-deutsche Künstlerin Ayse Erkmen wird den Alten Markt gestalten. Erkmen hat für Hollein in der von ihm geleiteten Schirn-Kunsthalle in Frankfurt ein Projekt realisiert: Sie setzte den Eingangsbereich unter Wasser, nachdem sie den Steinboden hatte wegstemmen lassen; Besucher konnten die Ausstellung nur sehen, wenn sie zuvor durch Schlamm wateten. Allerdings beteuert Hollein: In Salzburg werde nichts unter Wasser gesetzt.

Weitere Künstler, die Orte in der Altstadt gestalten oder entfremden werden, sind Knut Asdam (Franziskanergasse), Christoph Büchel (Staatsbrücke), Olaf Nicolai (Getreidegasse, Alter Markt, Judengasse), Paola Pivi (Mozartplatz, allerdings: die Mozartstatue bleibt laut Hollein unberührt), Michael Sailstorfer (Mirabellplatz), Hans Schabus (Mirabellgarten), Markus Schinwald (Rathaus) sowie Michael Elmgreen und Ingar Dragset (ein Ort wird noch gesucht).

Die Bildende Kunst wird ergänzt um Musik und Klangkunst, für die Tomas Zierhofer-Kien verantwortlich ist. Zur Eröffnung am 12. Mai werden Felix Kubin und der polnische Elektronikmusiker Wojtek Kucharczyk im "republic" eine "Soundschlacht" vorführen. An Wochenenden wird Franz Pomassl von Glockentürmen aus ein Klangnetz über die Altstadt legen, wobei deutlich werden könnte, wie sehr Glocken "Ikonen der Klangkunst im öffentlichen Raum" - wie Zierhofer sagte - sind. Weiterer Künstler in Zierhofers Programm wird Mike Ladd, der als "Spoken-Word-Künstler, Hip-Hop-Star und Rap-Intellektueller" angekündigt ist. Er wird mit Vijay Iyer und Ibrahim Quraishi ein Musiktheater vorstellen.