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22.07.2005 - Kultur&Medien / Ausstellung | ![]() |
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"Coolhunters": Jugenkultur im Künstlerhaus | ![]() |
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VON THOMAS KRAMAR | ![]() |
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"Coolhunters" im KÜNSTLERHAUS. Klug und reflektiert - einfach, weil Jugendkultur klug und reflektiert ist. | ![]() |
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It's one for the money, two for the show, three to get
ready, now go cat go - but don't you step on my blue suede shoes!" Carl
Perkins, 1956; im selben Jahr Elvis Presley. Da haben wir ihn schon, den
Objektfetischismus, gleich in dem Jahr, als, zumindest laut einer gängigen
Zeitrechnung, alles begann: der Rock'n'Roll, das Teenager-Wesen, die
Jugendkultur. (Gab es Cola eigentlich schon davor? Vielleicht, es muss
sich aber anders angefühlt haben.) Erstens das Geld, zweitens die Show, drittens die kinetische
Energie. Seither gibt es kein Entrinnen. Das zeigt auch diese Ausstellung:
Die Jugendkultur ist ein geschlossenes System, das sich ständig selbst
erweitert. Jeder Blick von außen wird - Go, cat, go! - zum Blick von
innen: Jedes Kunstwerk, das sich mit Jugendkultur befasst, ist automatisch
Teil der Jugendkultur und muss sich an deren Maßstäben messen lassen.
Und die sind streng. Wenn Daniele Buetti etwa "Nike"-Zeichen
auf Körper tätowiert, ist die Aussage so trivial, so zeigefingrig - Save
our souls, alles ist Markt! -, dass jedes Wir-sind-alle-Zuhälter- und
jedes Sex-ist-Geld-und-Geld-regiert-die-Welt-Hiphop-Video subtiler ist.
Natürlich auch das zu "P. I. M. P." von 50 Cent, das auf
einem TV-Schirm abwechselnd mit dem genialen "How Many Licks" von Lil' Kim
und der Party-Crasher-Fantasie zu "Tainted Love" in der Version von
Marilyn Manson läuft. In diesem dringt das Grauen in Form von bleich
geschminkten Gothic-Mutanten in eine Party braver Normal-Jugendkulturianer
ein, und es ist schnell klar: Alles nur style & fashion, keine Gefahr,
solange niemand auf die Stiefel Marke S&M steigt. Umgekehrt funktioniert der "Teenage Dream (It's Only
Rock'n'Roll)" von Alex McQuilkin: Das Girlie mit dem Girlie-Blick, aber
blutverschmiertem Gesicht und dem Revolver in der Hand. Und doch sagt
schon der Untertitel: Dieses Bild ist only ein Kommentar zum
Rolling-Stones-Song, in dem Mick Jagger 1974 nach harmlosem Beginn endlich
bettelte: "If I could stick a knife in my heart, spill it all over the
stage, would it satisfy you, would it help to ease the pain?" Nur das Blut, nur das Echte, Authentische kann den Schmerz
lindern: Auch dieses Thema durchzieht die Popkultur ab initio, also seit
1956. Und damit die Angst, nur Zitat, bestenfalls Variation bekannter
Themen zu sein. "Guilty of stealing every thought I am", steht auf einem
Plakat in "References (Do you think it's all new?)" von Anny und Sibel
Öztürk: Die Popkultur der Immigranten muss damit leben, dass sie in die
größere globale Popkultur integriert wird, wenn sie nicht
fundamentalistisch und damit wirklich außen sein will. Was ist neu? Wo gibt es noch Nischen? Wie anachronistisch
die Klischees von der "Uniformität" der Jugendkultur sind, zeigt Pia
Lanzinger mit ihren "Mädchenzimmern": Man spürt, dass diese Räume nicht
seelenlose Terrains einer Kulturindustrie sind, sondern beseelte Werke von
Individuen, die sich sehr bewusst einrichten und keinesfalls die
willenlosen Trend-Sklaven sind, als die sie Vulgärkulturkritiker gern
sehen möchten. Diese liebevolle Fotoserie - ähnlich auch "Übungsräume" und
"Skinsmodsteds" von Oliver Sieber - sprengt den ethnografischen Blick, der
sich bei diesem Thema natürlich aufdrängt. Auch in "The Buzz Club" von
Rineke Dijkstra: Jugendliche bewegen sich vor der Kamera so wie nebenan in
der Disco. Lächerlich? Gar nicht: Broker an der Börse oder
Tauben(fütterer) im Park sehen ohne Ton mindestens so komisch aus. Aber
man bemerkt Details: Etwa, dass das Kaugummikauen eine wesentliche
Funktion als interner Rhythmusgeber, sozusagen als dental beatbox, haben
kann. Denn der Rhythmus, das Klischee passt, ist immer präsent. In
Anthony Goicoleas "Act of Contrition", wo im Paternoster Rosenkränze
gebetet werden. In Benny Nemewrofsky Ramsays "Boygroup": Eine solche
posiert zu einem elisabethanischen Madrigal, absolut kein culture clash.
Und sogar in Esther Bogdans "Heartbeat": nichts als Herzschlag und grob
gezeichnete Schuhe, ein Kommentar zu Techno und zugleich das archetypische
Techno-Video. Der Beat geht weiter, und keiner steigt auf die Schuhe: uns,
euch, ihnen; es bleibt kein außen. Jugendkultur rules, okay, schon allein
darum ist auch diese Ausstellung, so plump ihre Schaukästen sein mögen, in
Ordnung. |
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