Der Preis der politischen Überzeugung | |
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Die 1897 in Wien geborene Beamtentochter
Margarete Schütte-Lihotzky studierte von 1915 bis 1919 an der
Kunstgewerbeschule in Wien bei Oskar Strnad und Heinrich Tessenow
Architektur. Josef Hoffmann, der an ihrer Ausbildungsstätte zur
Baukünstlerin, der K.K. Kunstgewerbeschule, unterrichtete, hatte sie
anfangs abgelehnt. "Mädeln durften nur in seine Modeklasse, da Hoffmann
überzeugt war, es sei alles umsonst, weil die Mädchen eh' alle heiraten",
erinnerte sich Schütte-Lihotzky später. Besonders stolz war sie etwa auf ein Originalzeugnis von Loos, den sie
als eleganten Herrn, der nur mit silbernem Stift skizzierte, in Erinnerung
hat: "Er hat mich als 'fleißig und brav' beschrieben - und seine Bemerkung
'sie stellt ihre männlichen Kollegen in den Schatten' hat mich natürlich
hoch erfreut." Der Reihe von Preisen, die sie schon in ihrer Studienzeit einheimsen
konnte, folgte 1920 ein Preis in einem Schrebergartenwettbewerb, der sie
mit der Siedlerbewegung in Kontakt brachte. 1922 trat sie ins Baubüro des
Verbands der Siedler- und Kleingartenwesen ein. Die Frankfurter Jahre 1926 wurde sie von Ernst May ins Frankfurter Hochbauamt gerufen, wo sie
sich in der Typisierungsabteilung mit der Rationalisierung in der
Hauswirtschaft beschäftigte. Sie entwarf Einrichtungen für Kindergärten,
Wäschereien und unter anderem Wohnungstypen für die berufstätige,
alleinstehende Frau und ihre berühmt gewordene "Frankfurter Küche".
Arbeit für den Widerstand 1940 ging die überzeugte Antifaschistin nach Wien, um eine Verbindung
des österreichischen Widerstandes mit dem Ausland herzustellen. Sie wurde
jedoch nach einigen Wochen von der Gestapo verhaftet, vom Berliner
Volksgerichtshof nach Beantragung des Todesurteils zu 15 Jahren Zuchthaus
verurteilt und bis 1945 inhaftiert. "Vier Jahre, drei Monate und eine
Woche habe ich abgesessen. Alleine von den rund 100 österreichischen
Frauen, die aus Überzeugung politischen Widerstand geleistet hatten und
die ich während dieser Zeit kennengelernt habe, sind 16 ermordet worden -
die 'Politischen' wurden geköpft", erinnerte sich Schütte-Lihotzky an die
Zeit im Zuchthaus Aichach in Bayern. Diese Jahre beschreibt sie in ihrem
einzigen Buch "Erinnerungen aus dem Widerstand. Das kämpferische Leben
einer Architektin von 1938 bis 1945", das 1985 erschienen ist. Neubeginn nach dem 2. Weltkrieg Nach der Befreiung aus dem Gefängnis kurierte Schütte-Lihotzky zunächst
in Hochzirl eine Tuberkulose aus, später arbeitete sie 1946 für ein halbes
Jahr in Bulgarien und plante dort wieder mehrere Kindergärten und
Kinderkrippen. 1947 kehrte die Architektin endgültig nach Wien zurück, wo
man der aktiven Kommunistin - ihr Freund, der Wiener Philosoph, Soziologe
und Bildungspolitiker Otto Neurath hatte ihr 1921 das "Kommunistische
Manifest" in die Hand gedrückt - allerdings nur wenige und Kleinaufträge
zubilligen mochte. "Ich habe mir natürlich erhofft, dass ich dafür, dass ich für ein
selbstständiges Österreich gekämpft habe, etwas für die Weiterentwicklung
des Wohnbaus in meiner Heimatstadt tun kann. Doch ich bin aus politischen
Gründen von der Stadt Wien boykottiert worden", gab sich die Architektin
in ihren letzten Lebensjahren überzeugt. "Ich bin nicht verhungert, doch
dieser Boykott hat mich schwer getroffen. Jetzt haben das alle natürlich
vergessen und ich bin zu hohen Ehren gelangt, aber jetzt bin ich ja zu
alt, um noch zu bauen." Links: Zeittafel Tipps:
Ebenfalls am Donnerstag bringen die Kunststücke ab 23.20
Uhr Margarete Schütte-Lihotzkys "Erinnerungen aus dem Widerstand".
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