DiePresse.com | Kultur | Kunst | Artikel DruckenArtikel drucken


Kunst: Als Nitsch die Haie anlockte

03.05.2010 | 18:57 |  (Die Presse)

Erstmals ausgestellt: Nitsch-Sammlung Duerckheim in Mistelbach.

Er ist Deutscher, lebt in London, ein Adeliger, ein viel beschäftigter Geschäftsmann – und seit über 30 Jahren ein großer Bewunderer des Gesamkunstwerks von Hermann Nitsch. Mehr erfährt man allerdings auch in Mistelbach nicht über Christian Graf Duerckheim, dessen beeindruckende Nitsch-Kollektion hier erstmals öffentlich zu sehen ist. Auch bei der Eröffnung am Samstag blieb er im Verborgenen, ließ sich entschuldigen – der Terminkalender...

So lauschte man eben liebevollen Anekdoten des zweiten großen Nitsch-Sammlers, Karlheinz Essl. Und fragte sich heimlich, wer hier wen in Qualität und Dichte übertreffen würde. Die Ausstellung jedenfalls ist beachtlich, Duerckheim hat immer (mithilfe des Münchner Galeristen Fred Jahn) gleich ganze Aktionen, ganze Installationen gekauft. So etwa die „klassische“, über 20 Meter lange, blutbraun und farbrot „triefende“ Malwand der 25.Malaktion Nitschs 1987 im Chateau d'Oiron.

Ihre Installation dominiert den ersten Raum – sozusagen das Langhaus des Nitsch-Museums, sieht man es, wie der Meister, als Kathedrale. Sonst eher Hallenkirche, wurde der ehemalige Industriebau diesmal nämlich erstmals von einer Ausstellungsarchitektur unterteilt. Im mittleren Raum, der Vierung, wird die Farbe, das Licht gefeiert: Duerckheim hat Ende der 1980er-Jahre 30 Kreuzwegstationen Nitschs gekauft, die jetzt in zwei Reihen übereinander gehängt einen mächtigen Lettner bilden, der von festlich-violetter Wandlung zur leuchtendgelben Auferstehung alle Spektren durchspielt.

 

Blutschütten im Hafen von Sydney

Durch einen schmalen Durchgang erreicht man das Allerheiligste, den Chor, dominiert wiederum von einem klassischen Nitsch-Aufbau mit rotbraunem Schüttbild und drei kreuzförmig aufgespannten Malhemden. Bei der Entstehung dieser Installation sollen sich sogar Haie unters Publikum gemischt haben: als das Blut, das Nitsch verwendete, nämlich durch den losen Holzboden in den Hafen von Sydney, Australien, tropfte... 1988 war Nitsch hier zur Biennale eingeladen worden. sp

Meisterwerke aus der Duerckheim Collection, bis 3.April. Tägl. 10–17 Uhr, Museumszentrum Mistelbach, Hermann Nitsch Museum, www.mzmistelbach.at


© DiePresse.com