Ausstellung
Der Heiland im Campingbus
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Religiöses in tristem Umfeld: Der Kurzfilm "Run" im Museum Essl. Foto: Muntean/Rosenblum
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Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer
![Aufzählung Aufzählung](00082417-Dateien/wzfeld.gif)
In Vororten städtischer Trostlosigkeit formieren sich Jugendliche,
trendig gekleidet, zu Arbeitslosendenkmälern. Doch ihr Tun ähnelt jenem
der biblischen Jünger beim Aufstieg Marias in den Himmel.
Die
neue Bilderserie von Markus Muntean und Adi Rosenblum ist extra für die
Ausstellung "Between what was and what might be" entstanden und im
großen Saal des Essl Museums in eine Trägerstruktur farbiger Mauern
integriert, die auch zwei Dunkelräume für die Filme "Shroud" (2006) und
"Run" (2008) einschließt.
Das 1962 geborene Künstlerpaar ist seit 1992 ein Team und hat sich
über Personalen wie in der Tate Britain 2004 längst in ganz Europa
einen Namen gemacht. Nun kooperieren sie mit der Architektin Golmar
Kempinger-Khatibi, die die Ausstellungsräume gestaltet hat. Seit 2000
hat die Sammlung Essl an die zehn Werke der beiden Künstler erworben –
ein Grund mehr für die jetzige Personale. Ein anderer ist die
Diskussion über figurale Malerei und ihre Nähe zu Medien wie Film und
Foto.
Schönheit, die irritiert
Die großformatigen Werke haben gemalte Rahmen, die sich wie der
Einblick in einen Fernsehschirm geben und am unteren Rand Schrift
integrieren. Die philosophisch bis modisch wirkenden Sprüche sind ein
eigener Mix für sich, wie auch der TV-Einblick als Ersatz für die alte
Zentralperspektive Leon Battista Albertis Teil des malerischen Konzepts
ist.
Neu sind in Bild wie Film die Zitate von Lichtsensationen nach der
Renaissance oder dem Barock. Sie bergen starke Appelle an das Gefühl
des Betrachters: So beleuchten am Ende eines Tunnels oder hinter einem
Zeltlager mystische Lichter die scheinbar triste Welt. Die Malerei ist
schön, das Handwerk perfekt – und das irritiert nach der Zerstörungswut
der Avantgarden immer noch.
Die pseudo-religiösen Bezüge lassen sich als Zitate lesen, aber auch
als Kunstmittel der Entfremdung. Hier sind Wissende am Werke, die mit
viel Ironie die Wiederkehr des Gleichen, die Unausrottbarkeit des
Metaphysischen nach der Aufklärung thematisieren. Selbst eine Pizza und
ein Leintuch steigern sich hier zu heiligen Dingen, Augen blicken
tränend zum Himmel, ohne dass es zu kitschig wird, kleine Wunden
jugendlicher Selbstbeschädigung zeigen Parallelen zu den Wundmalen
Christi. Der neue Heiland schläft im Campingbus.
Kunstvolles Vergnügen
Pathosformeln ortete bereits Aby Warburg in den zu Werbefiguren
mutierten Nymphen. An ihn schließen Muntean/Rosenblum genauso an wie an
Filme Sergei Eisensteins, Derek Jarmans und Sergio Leones. Es ist das
reine Vergnügen, ihre Spitzfindigkeit zu beobachten – und am Ende
bildungsbürgerliche Selbstbefragungen wieder über Bord zu werfen. Denn
was bleibt, ist gute Kunst.
Ausstellung
Muntean/Rosenblum
Museum Essl Klosterneuburg bis 1. Februar 2009
Freitag, 12. September 2008
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