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Kunsthalle im MuseumsQuartier: "Attack !"

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Gibt es eine künstlerische Attraktion des Grauens ?

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

300 Jahre Wiener Zeitung!Kriege finden längst via Medien statt: Schon der erste Golfkrieg wurde uns per Fernsehen ins Haus geliefert, computergesteuerte "saubere" Treffer auf militärische Ziele mittels Satelliten-Aufnahmen vermittelt, die eigentliche Zahl an zivilen Opfern verschwiegen. Doch die Wahrheit ließ sich nur schwer kontrollieren und der Eindruck, dass bereits für die millionenfache Bildverbreitung gemordet wird (nicht erstmals am 11. September 2001), ist kaum mehr zu vermeiden. Diesem auch für die Künstler bleibend heißen Thema stellt sich nun die Kunsthalle mit den Kuratoren Gabriele Mackert und Thomas Mießgang. Dabei werden primär KünstlerInnen gezeigt, die sich um Kriegsberichte unter Verschluss bemühen, wie Sergei Bugaev Afrika, der einen "Found footage"-Film aus dem Tschetschenienkrieg in Verehrung von Tarkowskij "Stalker 3" betitelt: Das anonyme Dokument zeigt Das gnadenlose Abschlachten einer russischen Einheit durch die Rebellen.

Gefahr der Faszination

Natürlich integriert das Thema die Gefahr, dass die beteiligten KünstlerInnen der Faszination unterliegen - Clausewitz ist ja schon allein durch den immer noch gängigen Begriff Avantgarde sogar in der Nachmoderne ungebrochen präsent. Manche Kunstwerke sind in der Tat nur mehr schwer vom tagtäglichen virtuellen Spektakel eines "Terminator" zu trennen und natürlich wurde "Attack ! Kunst und Krieg in den Zeiten der Medien" (bis 21. September im 1. Stock der Kunsthalle) von einem zweiten Golfkrieg und damit von der Realität überholt.
Historisch ist der Beginn der Schau mit den Bunkern des Atlantikwalls und vielen Reminiszenzen auf den Vietnamkrieg: Der Ex-DDR-Künstler Erasmus Schröter hat allerdings auf Paul Virilios fotografische Recherchen 1958 bis 1965 zu seiner "Bunker-Archäologie" 1990 bis 2003 eine frivole Ergänzung gewagt; er beleuchtete die Relikte des "Atlantikwalls" in modischen Farben, um eine Art Glanz-Reklame für den Tod zu erzeugen. Zwei Generationen von Künstlern umfassen hier, nicht nur mit vorwiegend Neuen Medien, High Tech und Low-Intensity-War; es handelt sich also um eine Kunstschlacht der vielen Kriegsvariationen.

Hula-Hoop-Reifen aus Draht

Im Aufgang empfängt die Besucher das eindrucksvolle Video der Künstlerin Sigalit Landau, die Israels aussichtslose Situation mit der Umwandlung eines Stacheldrahts zum Hula-Hoop-Reifen in Nachfolge der Abramovic oder Pane am nackten Körper in Bewegung vorführt. Nur die verletzte Mitte ihres schwingenden Körpers vor dem Meeresstrand ist zu sehen. Per Computer und Computerdruck entstanden die großen Ausschneidepuppen "Gunmen" in der unteren Etage als Empfangskomitee. Die umgebaute Halle oben wird in der unteren Plattform von Wang Dus Raumskulptur (bemaltes Kunstharz, 2000) beherrscht, einer bewusst im Stil des sozialistischen Realismus gehaltenen "Défilé (Parade)" in übergroßen Teilen. Auffallend sind die Bildteppiche aus Afghanistan, in die durch Dauerkriegszustand die Motive wie Panzer und Gewehre eingeflossen sind: offenbar Favoriten der Warlords.
Frivol wirkt auch der Blick der New Yorker Jüdin Collier Schorr auf junge, oft homoerotisch anmutende amerikanische Jungmänner in NS-Uniformen; ebenso anstößig auch Wolfgang Tillmanns Repräsentationen von modischen Soldaten und die "Ladies-Wapons" mit Pelzchen, Stoff, Schmuck und in Modefarben von Antonio Riello - sie alle erzeugen sofort geistige Gegenwehr. Sozusagen "political correct" ist Nancy Spero's Schriftbanddruck von 1987 "Search and destroy", das nach ihren "War-Series" von 1966 bis 70 auch noch auf den Vietnamkrieg reflektiert.
Viele Arbeiten befassen sich mit dem Balkankrieg, aktionistisch das Paar Dejan Andjelkovic/Jelica Radanovic, die auch Fotocollagen mit Comicfiguren wie Mickey Mouse über den zerbombten Brücken, Städten und Landschaften Ex-Jogoslawiens lachend tanzen lassen. Gegen die NATO-Bomben wendet sich auch association Apsolutno oder das Festhalten von nur scheinbar harmlosen Treffern in stimmungsvollen Farbfotos Gianni Mottis, das Blauhelmdilemma hält Chris Marker fest.
Auch die kriegerische Frau (konstruierte Fotos von Hans Jörg Mayer), die Wirtschaftskriege und Antiglobalisierungsdemos (Oliver Ressler), die lang anhaltenden Guerillakriege in Guatemala und die Stille der nächtlichen Städte, die auf Bombardement warten (Bagdad 2003), sind Abschnitte in dieser umfassenden Melange, die bis zum interaktiven Computerspiel von Tobias Bernstrup/Palle Torsson reicht, mit dem BesucherInnen in einem Stockholmer Museum fiktiv auf Bilder- und Skulpturenjagd (und Vernichtung) gehen können.

Utopie und Realität

Dass KünstlerInnen sich immer und bis heute mit dem Krieg beschäftigen und beschäftigt haben, beruht meist auf ihren sozialutopischen Vorstellungen und Hoffungen, mit Kunst die Welt verändern zu können. Hier zeigen aber vor allem Renée Green (in Reprise auf Robert Smithson und Theresa Hak Kyung Cha), Altmeister Richard Hamilton und Andrée Karpys/Markus Löffler in ihrer Arte memoria auf den ermordeten Dichter und 2. UN-Generalsekretär Dag Hammerskjöld (der wohl bereits für seine Ideale sterben musste), dass dies nicht der Fall ist.

Erschienen am: 10.09.2003

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