To be or not to be


Wer heute durch Österreichs Galerien und Museen geht oder Kunstzeitschriften durchblättert, gewinnt den Eindruck, Künstlerinnen hätten sich ihr Terrain längst erobert. Tendenz steigend. Ein genauerer Blick zeigt aber, dass der Kunstbetrieb immer noch männlich dominiert ist. Künstlerin zu sein, ist nach wie vor ein hartes Brot, die Statistik beweist es.

Hungerlohn

Die noch nicht veröffentlichte Studie "Die Hälfte des Himmels. Chancen und Bedürfnisse Kunst schaffender Frauen in Österrreich" zeichnet ein trauriges Bild der Arbeitsbedingungen österreichischer Künstlerinnen aller Sparten.

Faktum ist beispielsweise, dass bei ¾ der befragten Künstlerinnen das Nettoeinkommen weniger als 20.000 Schilling monatlich beträgt. Knappe 15% müssen sich sogar mit 5999 Schilling monatlich oder weniger begnügen. Und das obwohl die Akademisierungsrate bei Künstlerinnen überdurchschnittlich hoch ist. Sie liegt über 50%.

Kunst nur im Nebenberuf

Kein Wunder also, dass laut einer 1997 im Falter Verlag erschienenen Studie nur knapp unter 40% der bildenden Künstlerinnen - im Vergleich zu 60% der Männer - hauptberuflich Kunst betreiben. Das heißt, Künstlerinnen haben weniger Zeit für ihre künstlerische Arbeit. Hinzu kommt auch noch die Doppelbelastung durch Brottberuf und Familie. Dass da wenig Zeit für Networking und Vermarktung bleibt, liegt auf der Hand.

Ein Beruf für Männer

Kiki Kogelnig: It hurts with A Knife, 1974/76 (Zum Vergrößern Anklicken)
Kiki Kogelnig: It hurts with A Knife, 1974/76 (Zum Vergrößern Anklicken)
Wen wundert's da, dass Künstlerinnen deutlich weniger Kinder haben als der österreichische Durchschnitt. Die Gründe dafür: Die soziale Unsicherheit und der Zeitaufwand, den die Kunstproduktion in Anspruch nimmt. Wenn sich eine Künstlerin aber doch für Kinder entscheidet, kann es leicht passieren, dass sie nach der Kinderpause für ein Stipendium oder eine Förderung zu alt ist. In vielen Köpfen schwirrt immer noch das tradierte Bild des genialen Künstlers herum, der zu bestimmten Zeiten in seinem Leben bestimmte Sachen erreicht haben muss. Doch Frauen haben einfach andere Lebensläufe, meint die Kunsthistorikerin Doris Guth, die sich u.a. mit den Themen Sexualität und Macht in Kunst und Alltagskultur auseinander setzt.

Reduzierte Aufmerksamkeit

Künstlerinnen werden auch seltener ins Rampenlicht gerückt. Nur 8% der Monografien im 20. Jahrhundert sind Frauen gewidmet. Auch die Zahl der Frauen gewidmeten Einzelaustellungen spricht Bände.

So waren am Museum für Moderne Kunst in den Jahren 1990 bis 1998 nur sieben von 67 Einzelausstellungen Künstlerinnen gewidmet. In der Wiener Secession waren es immerhin 27 von insgesamt 103. Die Liste ließe sich ähnlich österreichweit fortsetzen. Interessant ist dabei auch die Neue Galerie Graz, die zwischen 1990 und 1997 114 Einzelausstellungen gestaltete, wovon 33 Frauen gewidmet waren. Im kleineren Studioraum der Neuen Galerie hingegen wurden immerhin 25 von insgesamt 54 Ausstellungen von Künstlerinnen bestritten. Offensichtlich ist die Hürde für Frauen in kleineren Ausstellungsräumen nicht so groß. (Aus: Materialenband 9 des bm:wf Wien 1999. Doris Guth und Elisabeth Samsonow Institutionalisierte Marginalisierung. Kunst und Kunstuniversitäten in: Innovationen. Standpunkte feministischer Forschung und Lehre)

Selbstverständnis Künstlerin

Aus den Interviews, die Edith Almhofer für die Studie des Frauenministeriums durchführen ließ, lässt sich ein Problembewusstsein bei den Künstlerinnen ablesen, auch wenn die Probleme bei den einzelnen Sparten natürlich unterschiedlich sind. Bildende Künstlerinnen sind zwar mit der Ausbildung generell zufrieden - trotz des geringen Anteils an Professorinnen an den Lehrstätten. An der Universität für Angewandte Kunst etwa gibt es nur 4 Professorinnen, aber 27 Professoren, während die Zahl der weiblichen und männlichen Studierenden ausgeglichen ist. Moniert wird aber, dass sie auf den Berufseinstieg in keiner Weise vorbereitet werden.

Am Abstellgleis?

Trotz eines gegenteiligen internationalen Trends, wird eine fixe Galerienbindung von bildenden Künstlern immer noch angestrebt, was sich als schwierig erweisen kann, besonders dann, wenn eine Künstlerin nicht am Zeitgeist arbeitet. Die Event-Kultur trägt das ihrige zur Verschärfung der Lage bei. Durch kontinuierliche Arbeit allein findet man in relevanten Medien noch lange nicht Erwähnung.

Auch das Image des Künstlerberufes wird nicht gerade als großartig eingestuft. Die Überzeugung, mit der eigenen Arbeit einen gesellschaftlich wichtigen Beitrag zu leisten, ist für ein Gros der Künstlerinnen die Hauptmotivation für ihre Arbeit.

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