Galerien
Jessasmariandlfranzl!
(cai) Pointillismus, das ist
natürlich keine Krankheit. Weil das nicht der Fachbegriff für Masern
ist. Wer dauernd vorm Spiegel steht und seine Wimmerln ausdrückt, der
ist ja auch nicht gleich ein Vertreter des Expressionismus,
der sogenannten Ausdruckskunst. Wie nennt man das jetzt aber, wenn sich
ein Gesicht vollständig in Pixel auflöst, dass man die Physiognomie
praktisch nimmer erkennt? a) Akne. (Äh, wieso Akne? Pixel!
Nicht Pickel !) Oder b) schlechte Auflösung. Richtig: b. Den
digitalen Pointillismus (digitale Bilder bestehen ja aus lauter
Punkterln oder eigentlich Quadraterln) übersetzt Peter Baldinger nun in
gemütliche klassische Malerei. Nimmt ein Foto in miserabler Auflösung
und malt jedes Pixel diszipliniert ab.
Wenn man dann einige Schritte zurückgeht, geschieht das Wunder: Ein
abstraktes Mosaik verwandelt sich in ein Phantombild von Julia Roberts
oder vom Großglockner. Okay, der Beethoven ist eher ein Ludwig van
Haydn. Und der Blick bräuchte einen etwas längeren Anlauf, als die
Galerie Michitsch ihm bieten kann. Kurzsichtige wie ich können sich aber
mit einem Trick behelfen. Sie nehmen einfach die Brille ab. Der
"Schasaugerten-Effekt" verschleift alles zu malerischer Unschärfe und
plötzlich: Jessasmariandlfranzjoseph! Der Kaiser! Der Franzl! (Die
Entwürfe für die Ausgestaltung einer Stiege in der Hofburg sind nämlich
auch da.) Sogar die versteckte Erotik hab ich gefunden. Den Liebhaber im
Schrank? Nein, die Nackerte, die irgendwo in den vielen Kastln
verborgen ist. Ach, wie in der Ikea-Werbung, wo die Geliebte in Panik in
ein Küchenkastl gestopft wird? Nein, keine Küchen kastln.
Gemalte Kastln. Bloßes Schauen wird hier überall zum Abenteuer.
Das also meint man mit Schaulust.
Galerie Elisabeth Michitsch
(Opernring 7), Peter
Baldinger, bis 12. November
Mo. – Fr.: 10 – 18 Uhr
Der weiße Unterschied
(cai) Die meisten Künstler
kommen mit einer einzigen Grundrechnungsart aus. Ein Bildhauer
subtrahiert (schlägt einfach alles weg, was nicht nach Kunst aussieht)
und Joachim Bandau erzeugt seine sensationellen "Schwarzaquarelle" eben
durch Addition. Indem er geduldig zarte graue Flächen summiert, und an
der dichtesten Stelle kommt ein tiefes Schwarz heraus. Die hungrigste
aller Farben. Und womit füttert man sie? Jedenfalls nicht mit Sushi.
(Auch wenn ein Seehund schwarz ist und gern Fisch frisst.) Weil sie nur
Licht absorbiert, strahlt man sie wohl mit einer Taschenlampe an. Der
Rest der Galerie Artmark gehört nun einem, dessen Markenzeichen es ist,
das Licht anzumachen: Stephan Fillitz. Seine strengen Leuchtobjekte
(banal formuliert: Lampen) sperren das flüchtige Licht in eine Form ein
(na ja, so wie man den Gesang eines Kanaris in einen Vogelkäfig sperren
kann). Und die weißen Streifen auf der Wand sind so subtil, man kann
nicht länger leugnen, dass es ihn gibt: den kleinen Unterschied
(zwischen Weiß und Weiß). Ein bissl spröde.
Artmark Galerie
(Singerstraße 17)
Joachim
Bandau, Stephan Fillitz, bis 20. November
Do., Fr.: 13 – 18 Uhr, Sa.:
11 – 15 Uhr
Alle hat er sitzen lassen
(cai) Aha, das Gästebuch eines
Künstlers. Da trägt man sich nicht mit dem Kuli ein, sondern mit dem
Hintern. (Ich hab mich ja geweigert.) Man setzt sich also nieder (eh auf
einen Stuhl) und Hernando Osorio macht ein Foto. (Ach so.) Von jedem
Besucher im Atelier (außer von mir). Seit 1999. Die 905 Fotos, mit denen
er die Galerie Sur zukleistert, zeugen von bemerkenswerter Kondition.
Sogar einen Stargast bietet er auf, den auch der Gottschalk nicht von
seiner Couch schupsen würde: Cordula Reyer. (Seine Frau war mit dem
Model im Kindergarten.) Lustiges Konzept.
Galerie Sur
(Seilerstätte 7), "Los Visitantes",
bis 25. November
Di. – Fr.: 15 – 19 Uhr
Printausgabe vom Mittwoch, 10.
November 2010
Online seit: Dienstag, 09. November 2010 18:02:00
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