Kultur

"Mehr Kultur, das garantiere ich"

13.01.2007 | SN
Der ORF werde im Fernsehen mehr Sendezeit und mehr Inhalte als bisher der Kultur widmen, kündigt der neue Hauptabteilungsleiter für Kultur, Martin Traxl, an. HEDWIG KAINBERGER

Hedwig Kainberger Interview Die Hauptabteilung Kultur des ORF hat ab kommenden Montag einen neuen Chef: Martin Traxl tritt als Nachfolger von Margit Czöppan an. Im SN-Gespräch erzählt er von seinen Plänen und Strategien.Was fällt in den Bereich Kultur, für den Sie nun verantwortlich sind?

Traxl: Mein Tätigkeitsgebiet umfasst die aktuelle Kulturberichterstattung, die Kulturmagazine - auch die neuen, die kommen werden -, die Dokumentationen und Dokumentarfilme kulturellen Inhalts sowie die Musik- und Theaterprogramme.

Ist der Unterschied von Kunst, Kultur und Unterhaltung für Sie relevant?

Traxl: Diese Bezeichnungen werden oft miteinander verwechselt. Kunst ist ein Teil der Kultur. Und den Kulturbegriff kann man weit fassen, das tue ich auch.

Ich glaube, dass man in Österreich immer noch einen zu engen Kulturbegriff hat. Ich möchte daran arbeiten, dass man Kultur offener sieht. Dazu gehören auch Populärwissenschaft, Gesellschaftspolitik, Alltagskultur.

Was heißt Populärwissenschaft in diesem Zusammenhang?

Traxl: Populärwissenschaft kann zum Beispiel darstellen, wie physikalische Phänomene unser Alltagsleben bestimmen. Zum Beispiel kann die einfache Frage, was man aus einem Ei machen könne, physikalische, kulinarische, ja, sogar philosophische Komponenten haben. Diese Bereiche überschneiden sich. Wir müssen aufhören, in Kästchen zu denken. Und Gesellschaftspolitik?

Traxl: Da geht es darum, unter welchen Umständen Menschen auf dieser Welt leben müssen oder können. Das hat mit kulturellen Fragen zu tun: Was bestimmt ihr Leben, wie gestalten, wie bereichern sie es?Und was ist mit der Kunst im eigentlichen Sinne?

Traxl: Die klassischen Kunstgenres haben weiter ihre Berechtigung. Das ist unser Kerngeschäft. Wir müssen trachten, diese Inhalte professionell zu vermitteln, weil wir das den Kreativen dieses Landes schuldig sind. Und Künstler sind auch interessante Partner. Die müssen sich bei uns aufgehoben, ernst genommen fühlen.

Der ORF hat einen "Kulturauftrag". Was ist das? Was ist Ihre Rolle bei dessen Erfüllung? Traxl: Den Kulturauftrag haben wir sehr ernst zu nehmen, wenngleich er vage formuliert ist. Das ORF-Gesetz sieht vor, dass wir "die Vermittlung und Förderung von Kunst, Kultur und Wissenschaft" zu betreiben haben. Wir müssen "ein vielfältiges kulturelles Angebot" vermitteln und die "österreichische künstlerische und kreative Produktion" angemessen berücksichtigen und fördern.

Das lässt sich auf verschiedene Weise deuten. Schon der Punkt "vielfältiges kulturelles Angebot" enthält Konfliktpotenzial, denn die ungeheure Vielfalt des Kulturgeschehens erfordert eine Differenzierung und einen neuen Umgang mit kulturellen Inhalten im Programm.

Gibt man in Google die Suchbegriffe "ORF" und "Kulturauftrag" ein, so sind fast alle Treffer nur Beschwerden, dass der ORF diesen Kulturauftrag nicht erfülle. Haben Sie eine Erklärung für diese Unzufriedenheit?

Traxl: Jeder hat eine andere Vorstellung von Kultur. Es kann sein, dass wir ein Magazin über traditionelle Kunstformen ausstrahlen und trotzdem beschweren sich viele erboste Zuseher, weil sie das für zu konservativ halten und eine Sendung über neue Kunst fordern.

Gelebter Individualismus Kulturinteresse ist gelebter Individualismus. Jeder hat seine persönlichen Vorlieben. Unser Publikum lässt sich daher nicht in Kategorien wie Jung und Alt, Konservativ und Aufgeschlossen pressen. Manche interessieren sich nur für bildende Kunst und Literatur, andere für diametral entgegengesetzte Genres.

Unsere Zuseherinnen und Zuseher wollen ihre eigenen, spezifischen Interessen im Fernsehen gespiegelt sehen. Wir werden aber niemals alle Kulturinteressierten mit einer einzigen Sendung befriedigen können. Daher brauchen wir mehrere kleine, spezielle Formate und nicht einen Supertanker.Meinen Sie als "Supertanker" die Sendung "Treffpunkt Kultur"?

Traxl: Ja, wir werden diese ganze Fläche neu aufstellen. Das Magazin soll kürzer, kompakter und straffer werden. Die Länge wird zwischen 45 und 60 Minuten betragen. Danach wollen wir uns für jene Bereiche öffnen, die ich eingangs in einem erweiterten Kulturbegriff umrissen habe, also für Dokumentationen, in denen es nicht nur um Kunst per se, sondern um kulturelle Phänomene im weiteren Sinn geht. Darauf wird ein Art-Film folgen, also ein Beispiel anspruchsvollen europäischen Kinos.

Wird der Montagabend der Kulturabend bleiben?

Traxl: Wahrscheinlich wird der Montag der Hauptkulturabend bleiben, aber das ist noch in Diskussion. Außerdem hätte ich gerne ein jüngeres Format für den Bereich "Creative Industries", also Mode, Design und Architektur.

Darüber hinaus bespielen wir weitere Zonen. Wir werden auch den Sonntag neu aufstellen und vor allem über die Matinee nachdenken. Der Sonntag soll deutliche kulturelle Züge tragen. Und ich möchte auch die Donnerstagnacht anpeilen, die neu gestaltet wird.

Zudem soll die Kultur in alle anderen neuen Formate einfließen. Wir müssen überall den Fuß drinnen haben - sei es in der neuen Bundesländersendung oder im neuen Info-Journal auf ORF 1, sofern die Durchschaltung der "Zeit im Bild" fällt. Es soll mehr Sendegefäße geben, wo Kultur Platz finden kann. Es muss ja nicht über jeder kulturell relevanten Sendung das Etikett "Kultur" stehen.

Wird es also mehr Sendezeit für die Kultur geben als bisher?

Traxl: Ja. Wir werden mehr machen.

Heißt das, dass auch Ihre Abteilung ausgeweitet wird?

Traxl: Es sieht danach aus. Allerdings muss ich noch viele Detailgespräche mit dem Programmdirektor führen, ich fange ja erst am nächsten Montag an. Aber klar ist: Kultur wird es sicher mehr und nicht weniger geben im ORF. Das kann ich Ihnen garantieren. Was ich anstrebe, ist ein qualitativer und ein quantitativer Ausbau. Welche Vorgaben, welche Ziele haben Sie bezüglich der Quote? Müssen Mindestzuseherzahlen mit Kultursendungen erreicht werden? Traxl: Natürlich wird man sich bemühen, viele Leute anzusprechen. Aber es soll keinen Quotendruck für die Kultur geben, das wäre kontraproduktiv.

Man muss sich auch trauen, weniger populäre Sendungen ins Programm zu nehmen. Wir müssen uns auch sperrige Themen leisten, nur dann sind wir ein intelligentes Medium, nur dann erfüllen wir den öffentlich-rechtlichen Anspruch.

Archiv
Salzburg: Stadt SalzburgFlachgauTennengauPongauPinzgauLungau
Nachrichten: InnenpolitikWeltpolitikSportWirtschaftChronikKulturHiTecimBildZeitung
Interaktiv: DebatteBlogsVideoBabybilder WizanySalzburgwiki
Freizeit: VeranstaltungenKinoMusikSpieleReisenWetterHoroskopGewinnspiele
Marktplatz: KarriereImmobilienMotorJobloungePartnerbörsePreisvergleichShopping Mall
SN-Service: Archiv Abo AnzeigenpreiseOnline Werbung MediadatenSN Saal Wir über uns
Salzburger Woche Service: Anzeigenpreise Kontakt
Leseliste löschen Gelesene Artikel löschen