text breit  text schmal  
drucken 

derStandard.at | Kultur | Kultur & Politik | Kommentare, Glossen, Analysen 
24. Jänner 2007
13:41 MEZ
Spielball Kunstsektion
Wohnout dürfte nicht viel Freude an seinem neuen Job haben, sollte die SPÖ für die Kunstagenda zuständig sein - Kommentar von Thomas Trenkler

Helmut Wohnout, ÖVP-Multifunktionalist im Kanzleramt, brachte schon so manchen gegen sich auf. Denn der Bürochef von Kunststaatssekretär Franz Morak habe sich beispielsweise Anmerkungen darüber angemaßt, welche Kunst zu fördern sei und welche nicht. Dennoch wurde er auserkoren, die Kunstsektion zu leiten, der bis vor einem Jahrzehnt Hans Temnitschka, ein Mann mit Format, vorgestanden war.

Der Aufschrei der SPÖ konnte nicht ausbleiben. Andreas Mailath-Pokorny, der Wiener Kulturstadtrat, beispielsweise forderte Kanzler Schüssel sogleich auf, von der Entscheidung Abstand zu nehmen, weil der Eindruck entstünde, dass parteipolitische Überlegungen ausschlaggebend waren.

Mailath hat natürlich Recht. Das Problem ist nur: Das Gleiche galt für ihn selbst. Denn Ende 1996 wurde er, Sekretär von Kanzler Franz Vranitzky, zum Nachfolger von Temnitschka berufen. Aber er musste für den Postenschacher büßen: Morak und Wohnout stellten ihn nach der Wende im Februar 2000 kalt. Jeder Akt mit einer Fördersumme über 5000 oder 6000 Euro musste dem Staatssekretariat, also Wohnout, vorgelegt werden.

Das Pouvoir des Sektionsleiters blieb auch nach Mailaths Wechsel in die Wiener Regierung beschnitten: Klaus Wölfer war ein Befehlsempfänger von Wohnout. Weisungen gab es offiziell dennoch keine: In der Sektion wird nur der euphemistische Vermerk "nach telefonischer Rücksprache" verwendet.

Das Tröstliche: Auch Wohnout dürfte nicht viel Freude an seinem neuen Job haben, sollte die SPÖ für die Kunstagenda zuständig sein. Zudem gibt es laut Gesetz die Möglichkeit, die Sektionsleitung blitzschnell neu auszuschreiben – wenn sich deren Aufgabenbereich zum Teil ändert. Was leicht machbar ist, wenn tatsächlich ein Kulturministerium gegründet wird. (DER STANDARD, Printausgabe, 07./08.10.2006)


© 2007 derStandard.at - Alle Rechte vorbehalten.
Nutzung ausschließlich für den privaten Eigenbedarf. Eine Weiterverwendung und Reproduktion über den persönlichen Gebrauch hinaus ist nicht gestattet.