In der Lagunenstadt präsentieren sich Künstler aus 77 Nationen – darunter Elke Krystufek und Dorit Margreiter
Biennale: Wider die Langeweile
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Protest! Elke Krystufek agitiert gegen die männliche Übermacht in der Kunstwelt. Foto: Hertha Hurnaus
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Von Silvia Matras
![Aufzählung Aufzählung](00085743-Dateien/wzfeld.gif)
Bis zum 22. November zeigt sich Venedig als einzige, weit verzweigte Galerie.
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Feminismus, Film und Faulendes aus Österreich.
Venedig.
"Fare Mondi – Weltenmachen" wählte der schwedische Kurator Daniel
Birnbaum als Motto der diesjährigen Biennale. 77 Nationen, darunter
solche, die noch nie auf der Biennale ausgestellt haben, und 90
Künstler aus der ganzen Welt nahmen teil. Mit der Erweiterung um 44
Ausstellungen in diversen Palästen in und um Venedig zählt die heurige
Biennale zu den umfangreichsten, die es je gab.
Von dem wiedereröffneten Biennale-Zentrum, dem Palast Ca' Giustinian
weht eine weiße Fahne mit dem Versprechen von John Baldassari: "I will
not make anymore boring art", was durchaus als zweites Motto der
Biennale durchgehen kann. Denn die Zeiten der gleichförmig-trostlosen
Videos und der hirnlastigen Installationen sind vorbei. Im Arsenal
sieht man Kunst zum Be- und manchmal auch zum Angreifen, teilweise mit
Spaßcharakter. Selten banal, und wenn, dann ist die Banalität als
Kunstmittel eingesetzt, wie in der Installation der Polin Alexandra
Mir. Sie sammelte Ansichtskarten aus der ganzen Welt mit touristischen
Klischeemotiven wie Eiffelturm, Hochgebirge, Almen und druckte groß
darüber "Venezia". Die Besucher sind aufgefordert, damit postalisch in
alle Welt zu grüßen.
Fast alle Künstler, die im Arsenal ausstellen, fühlen sich dem Motto
John Baldassaris verpflichtet. Überraschung und Spannung sind
garantiert, wenn auch manchmal mit deutlicher Effekthascherei. Wie etwa
in dem Raum, den scheinbar ein afrikanisches Dorf füllt: Dort stellte
der in Kamerun geborene Künstler Pascale Marthine Tayou Pfahlbauten,
Kultstätten und Hühnerhöfe auf. Was auf den ersten Blick wie eine
Idylle wirkt, entpuppt sich als grausame Farce: Die Hühner sind kleine
Ungeheuer, die Säcke sind statt mit Getreide mit Kokain gefüllt. Videos
dokumentieren den hoffnungslosen Alltag. Für verblüffenden Effekt sorgt
auch Michelangelo Pistoletto mit seinen Monumentalspiegeln, die
zerbrochen oder zerbrechend dem Menschen dessen Fragilität zeigen.
Weibliche Wut aus Österreich
Vielfältig präsentieren sich die einzelnen Nationen in den
"Giardini": Hier werden raumgreifende Installationen und monumentale
Kunst geboten, wie etwa im ägyptischen Pavillon. Die Riesenfiguren aus
Stroh von Ahmed Askalany symbolisieren den ägyptischen Alltag von heute
und verweisen zugleich auf eine mythische Vergangenheit.
Der Österreich-Pavillon zeigt sich optisch weniger spektakulär – er
beheimatet teils unscheinbare Installationen aus Gras, toten Tieren
oder verfaulendem Unkraut vom Künstlerehepaar Franziska und Lois
Weinberger sowie einen Film von Dorit Margreiter, der dem Josef
Hoffmann-Pavillon gilt. Margreiters langsames Abtasten der Wände und
des Bodens wirft die Frage auf: Wozu?
Dafür bleibt Elke Krystufek keine Antwort auf die Frage schuldig,
wie sie zu Männern und deren Übermacht im Kunstbetrieb steht. Wild
aufbegehrend hat sie die Wände mit wüsten Graffiti, Fragen und
Männerbildern voll gekleckert. Eine Frau, die ihre Wut nicht verbirgt,
wenn sie unter dem einzigen im Raum existierenden Frauenbild die Frage
stellt: "Does a female painting speak rather 2 a woman?"
Keinesfalls versäumen sollte man den brasilianischen Pavillon: Die
leicht unscharfen bis verwischten Farbfotos des in Belém lebenden
Künstlers Luiz Braga stehen fernab von trivialer Alltagsshow, obwohl
sie nichts anderes als Momentaufnahmen gerade dieses Alltags sind.
Aber die Tiefe des Augenblicks, den sie einfangen, zeugt von hoher
Sensibilität des Künstlers für sein Vis-à-vis, egal ob Dockarbeiter
oder Barmädchen. Farb- und Lebensfreudeexplosionen sind die
Monumentalbilder von Delson Uchôa. Man versinkt in den feinen, an
Teppichkunst erinnernden Motiven, die in Öl mit Acryl übermalt eine
transluzide Wirkung erzielen. Wirklich "boring" ist an der ganzen
Biennale gar nichts!
http://www.labiennale.org
Printausgabe vom Dienstag, 16. Juni 2009
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