Das Lentos Museum in Linz zeigt eine Retrospektive des oberösterreichischen Bauhauskünstlers Herbert Bayer
Universalkünstler und Zwitterwesen
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Herbert Bayer: Zeitungskiosk (1924). Foto: VBK Wien 2009
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Von Julia Urbanek
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Der Bauhauskünstler Herbert Bayer hätte im Jahr 2000 seinen 100.
Geburtstag gefeiert. In zahlreichen Ausstellungen – immerhin drei
Präsentationen auch in Linz – wurde das Werk des Oberösterreichers
vorgestellt. Dennoch setzt das Kunstmuseum Lentos nun, neun Jahre
später, mit einer großen Herbert-Bayer-Ausstellung nach, mit einem
"Ausnahmeprojekt", wie Direktorin Stella Rollig erklärt.
Das hat
gute Gründe: 2006 hinterließ Bayers Witwe Joella dem Lentos eine 50
Werke umfassende Stiftung aus dem Nachlass. Das Museum verfügt nun mit
135 Werken über den größten Bestand an Werken von Herbert Bayer in
Österreich. Nun präsentiert man sein Schaffen an den Stationen seines
Lebens, zeigt die enorme Vielfalt seines Werks und spart auch seine
zwiegespaltene Stellung in der NS-Zeit nicht aus.
Freunde und Wegbegleiter wie Paul Klee, Wassily Kandinsky, Laszlo
Moholy-Nagy oder Walter Gropius werden mit einzelnen Werken
gegenübergestellt. Ein guter Grund, eine Retrospektive gerade jetzt zu
präsentieren, ist nicht zuletzt die Bühne des Kulturhauptstadtjahres,
die den oberösterreichischen Künstler ins Rampenlicht rückt.
Bei Bayers Ursprüngen startet auch die Ausstellung: 1900 in Haag am
Hausruck geboren, verbringt Bayer seine Kindheit und Jugend in
Oberösterreich. Die ländlichen Themen, die seine ersten Zeichnungen
prägen, kehren auch später in Bayers Bauhauszeiten symbolhaft wieder
und auch als er 1938 nach New York emigriert, meint er: "I’m not a city
boy". Es zieht ihn aufs Land und so landet er in den USA in
Aspen/Colorado, das auch durch sein gestalterisches Schaffen erst zu
Bekanntheit gelangte.
Der "entartete" NS-Propagandist
Zunächst aber lernte Bayer als 19-Jähriger bei einem Linzer
Architekten, später studiert er am Bauhaus in Weimar bei Paul Klee,
Johannes Itten und Wassily Kandinsky. Als Lehrer am Bauhaus in Dessau
führt er die Normung aller Drucksachen nach DIN ein, setzt die
Kleinschreibung durch und entwickelt Schriften.
1928 wechselt er nach Berlin, wo er als Art Director für die
Werbeagentur Dorland arbeitet. In den Jahren vor seiner Emigration 1938
zeigt sich Bayers "Zwitterstellung" in der NS-Zeit: Einerseits gilt
sein künstlerisches Werk als "entartet", andererseits gestaltet Bayer,
der mit einer Jüdin verheiratet war, aber Plakate und
Ausstellungskataloge für die NS-Propaganda.
1938 emigriert Bayer in die USA, wo ihn sein Weg über New York nach
North Carolina und später nach Aspen/Colorado führt. Dort lebt er bis
1974. Später zieht er nach Kalifornien. 1985 stirbt er in Santa Barbara.
Die Ausstellung im Lentos zeigt aber auch die Einflüsse anderer
Länder auf Bayers Schaffen: Etwa seine Auseinandersetzung mit der
Moderne in Marokko, wo er zehn Jahre lang ein Haus besaß, auch Japan
und Mexiko beeinflussten sein Schaffen der späteren Jahre.
Eindrucksvoll zeigt der Weg durch die Stationen, wie umfangreich
Bayers Werk war: experimentelle Fotografie, Malerei, Druckgrafiken,
Tapisserie, Typografie, Grafik-Design, Ausstellungsdesign, Architektur,
Landschaftsdesign und Skulpturen - immer mit der Handschrift des
Künstlers.
Die Widersprüchlichkeiten in der Biografie Herbert Bayers haben auch
immer die Sicht auf sein künstlerisches Werk beeinflusst, seine
Aktivitäten in der NS-Zeit wurden hervorgehoben oder: sie blieben in
Ausstellungen bewusst unerwähnt. In der aktuellen Retrospektive in Linz
hat man
nun die Gelegenheit, ein vollständiges Bild des Universalkünstlers zu bekommen.
Ausstellung
Ahoi Herbert!
Bayer und die Moderne Kunstmuseum Lentos Linz 8. Mai bis 2. August 2009 http://www.lentos.at
Printausgabe vom Freitag, 08. Mai 2009
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