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Planet der Äpfel

(cai) Wie war das doch gleich, mit diesem Affe-Mensch-Mediator? Ach, mit dem Tarzan? Nein: dem Darwin. Ist dem nicht ein Affe auf den Kopf gefallen und der hat ihm ganz vertraulich etwas ins Ohr geflüstert, ein einziges Wort, in einem seltenen Primatendialekt, nämlich "Evolution"? Möglich, dass ich da was verwechselt hab’: eventuell einen Apfel mit einem Affen und einen Newton mit einem Darwin.

Newton, das war aber eindeutig der, der unterm Baum der Erkenntnis gesessen ist, und dann hat ihn eine Schlange mit Äpfeln beworfen und damit empirisch bewiesen, dass die Gravitation tatsächlich existiert (boing! – aua!). Oder so. Und wenn einem Affen ein Apfel draufplumpst? Der verspeist ihn natürlich einfach. Denn Affen sind Pragmatiker. Das (oder etwas völlig anderes) dürfte die Botschaft des Affe-mit-Apfelbutzen-Bildes von Werner Büttner sein, dessen Spezialität die reißerische Kombination disparatester Motive ist. Seine Collagen (geklebt oder gemalt) amüsieren mit absurdem, respektlosem Witz (oder mit groteskem Ernst?). Die erkenntnisschwangeren, na ja: mysteriösen Titel sind ein Erlebnis für sich: "Christus versucht, die Holländer zu besuchen." Hm.

"Der Ursprung des Landlebens" ( das stand freilich bereits drauf auf dem Bild vom Flohmarkt, das Büttner durch eine Pointe bereichert hat): Da gibt’s ja diverse Mythen, woher es kommt, das Landleben. Schafe und Hirten purzelten plötzlich aus den Wolken und wurden von bukolischen Gefühlen überwältigt? Doch nicht das Landleben. Vielmehr jenes, wegen dem sich aus dem Meer die allererste Amphibie aufs Trockene geschleppt hat. Aber wie kamen die Pflanzen an Land? Die plausibelste Antwort hat Büttner in die pittoreske Küstenszene reingemalt: einen Blumentopf. Der wird vom Ozean ausgespuckt (und ist notgedrungen weniger sexy als Botticellis Venus). Den Evolutionsbiologen wird diese neue Theorie furz, äh: schnurz sein. Obwohl: So abwegig ist sie auch wieder nicht.

Galerie Hohenlohe
(Bäckerstraße 3)
Werner Büttner
Bis 2. Februar
Di. bis Fr. 11 bis 18 Uhr
Sa. 11 bis 15 Uhr
Witzig.

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Mäube sind keine Tausen

(cai) Mäuse fliegen nicht. (Das tun höchstens spezielle Ratten : die "Tauben".) Drum wirken sie in einem Vogelkäfig immer ein wenig deplatziert. Wie ein Goldfisch in einer Mausefalle. Oder ein Wellensittich, der zu Fuß den Everest besteigt. Das ist aber wahrscheinlich der Gag daran. Iris Nitzl verwischt die Grenzen zwischen den Kreuchenden und den Fleuchenden. Studiert die Natur so unbefangen und wissbegierig wie ein Künstler der frühen Neuzeit. Blickt durch Glasscheiben und notiert darauf die imaginären Kondensstreifen der Vögel oder die Wege der Schmetterlinge. Am Himmel erkennt sie gar das "Sternbild Maus". Der Künstler als der, der das Unsichtbare sichtbar macht? Ein bissl schlampert schaut das Ganze schon aus, das Konzept hat aber seinen Reiz. Und die echte, auf zwei Flascherln aufgeteilte geköpfte Maus (quasi ein "Mausi Antoinette") ist auf ihre authentisch kreatürliche Art verdammt faszinierend.

Startgalerie im MUSA
(Felderstraße 6 – 8)
Iris Nitzl
Bis 8. Februar
Di. bis Fr. 11 bis 18 Uhr
Sa. 11 bis 16 Uhr
Sehr konsequent.

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Artaud ist auch irgendwo

(cai) Aha, Kunst für Leute mit elitären Gedankengängen. Jedenfalls zitiert Frauke Boggasch den Titel einer suprematistischen Oper: "Sieg über die Sonne." (Ob die Bilder deshalb so düster sind?) Artaud ist auch irgendwo, sogar ein domestizierter Kosmos (ein Mobile mit "Knödeln"). Und sollte die Welt nur darauf gewartet haben, dass endlich jemand Malewitschs "Weißes Quadrat" neu interpretiert: Da ist es, das weiße Parallelogramm . Ich fürchte, ich bin zu blöd, um zu erkennen, worum es geht. Und unwillig, mir über eher lieblos Dahergemaltes den Kopf zu zerbrechen.

Layr Wuestenhagen
(An der Hülben 2)
Frauke Boggasch
Bis 23. Februar
Di. bis Fr. 11 bis 18 Uhr
Sa. 11 bis 16 Uhr
Unerfreulich.

Mittwoch, 23. Jänner 2008

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