Salzburger Nachrichten am 13. Oktober 2005 - Bereich: Kultur
Interview Das Architekturzentrum
Wien präsentiert den dritten Teil seiner "a_schau"
ANNE ISOPP Mit der 3. Etappe der "a_schau", die seit gestern,
Donnerstag, im Wiener Architekturzentrum zu sehen ist, wird nun ein
vollständiger und vielschichtiger Einblick in die österreichische
Architektur des 20. und 21. Jahrhunderts geboten. Ein SN-Gespräch mit
Dietmar Steiner, dem Direktor des Wiener Architekturzentrums.Warum hat
sich das Architekturzentrum entschieden, eine Dauerausstellung zu
konzipieren? Steiner: Der Hauptgrund ist die Nachfrage seitens des Publikums. Immer
wieder die Frage: Wo kann ich die österreichische Architektur der Moderne
komplett sehen? Zum Zweiten folgen wir einer internationalen Entwicklung.
Fast alle Architekturmuseen in Europa gehen in diese Richtung. Wie erklären Sie sich diesen Trend, wieder
Architektur-Dauerausstellungen zu machen? Steiner: Architektur ist in den
vergangenen Jahren medial bedeutender geworden. Es gibt immer mehr
Menschen, die sich für Architektur interessieren. Und dann bemerkt man,
wie wenig sie darüber wissen. Wir gestalten ein möglichst
publikumsfreundliches, interaktives Ambiente, in dem sie sich einfach und
schnell über die Architektur des 20. Jahrhunderts informieren können. Das
ist ein schlichter Bildungsauftrag. Muss eine Ausstellung über die
österreichische Architektur nicht auch auf Strömungen in anderen Ländern
eingehen? Steiner: Das ist eine berechtigte Frage: Inwieweit hat nationale
Architektur überhaupt noch Sinn? Wir haben eine internationale Einbettung
in der Ausstellung in Form der Zeitschiene. Ich bin mir aber sicher, dass
eine Ausstellung über die Architektur des 21. Jahrhunderts in hundert
Jahren nicht mehr national sein kann.Die dritte Etappe der "a_schau" wirbt
mit dem Steinhaus von Günther Domenig in Kärnten. Warum haben Sie dieses
Sujet ausgewählt? Steiner: Weil es durchaus ein Symbol für die
österreichische Architektur ist. Das steht natürlich nicht stellvertretend
für alles, was in der Ausstellung zu sehen ist. Aber es drückt schon eine
gewisse Haltung des überbordend künstlerisch Irrationalen aus, das uns ja
immer nachgesagt wird: Die Österreicher trauen sich, was sich andere
Länder nicht trauen.Und diese Entwicklung begann mit den "jungen Wilden"
wie Domenig, Coop Himmelb(l)au oder Hans Hollein? Steiner: Das hat
sicherlich seinen Anfang mit dem "Austrian Phenomenon" in den 60ern
genommen. Es gilt immer noch die österreichische Architektur als
originell. Also brutal gesagt, so spannend die zeitgenössische spanische
Architektur ist, so hat sie doch eine gemeinsame Haltung. Die Österreicher sind da irgendwie unerwarteter. Das kann alles sein.
Aus allen Ecken strömt die Energie und es ist hoch differenziert. Es sind
immer noch ganz stark individuelle Positionen, die da bezogen werden. Information: www.azw.at |