Schütte-Lihotzky starb an den Folgen einer Grippe

Die 100-jährige Jubilarin bei ihrer Geburtstagsfeier 1997:




Eine der bekanntesten Architektinnen des 20. Jahrhunderts ist tot. Am Dienstag erlag die gebürtige Wienerin Margarete Schütte-Lihotzky im Alter von 102 Jahren im Wiener Allgemeinen Krankenhaus den Folgen einer Grippe-Erkrankung. Dies teilte eine Sprecherin aus dem Büro des Wiener Bürgermeisters Michael Häupl mit.

Margarete Schütte-Lihotzky, in den vergangen Jahren Zielpunkt später Ehrungen in Österreich, hatte ab 1922 als Architektin gearbeitet und war 1926 nach Deutschland gegangen. Im Frankfurter Hochbauamt schuf sie die weltbekannte "Frankfurter Küche". Zahlreiche Schulen, Kindergärten, aber auch das schlichte Parteigebäude der KPÖ am Wiener Höchstädtplatz gehören zu ihrem Werk. Margarete Schütte-Lihotzky wäre am kommenden Sonntag 103 Jahre alt geworden.

Späte Ehrung

Die Arbeit Schütte-Lihotzkys erfuhr erst in den vergangenen Jahren mit einer Reihe von Auszeichnungen seine Anerkennung. 1980 erhielt sie den Architekturpreis der Stadt Wien, 1987 wurde sie Ehrenmitglied der Hochschule für angewandte Kunst, 1989 Ehrendoktor der Technischen Universität Graz und erhielt den IKEA-Preis. Seit 1991 war sie Ehrenmitglied der Hochschule der Bildenden Künste in Hamburg, ein Jahr später wurde Schütte-Lihotzky das Ehrendoktorat der Technischen Universität München verliehen und sie erhielt die Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold. 1993 wurde sie mit dem österreichischen Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst geehrt. Und zu ihrem 100. Geburtstag schließlich überschlug sich das offizielle Österreich mit Ehrungen, bis hin zum nach ihr benannten Gemeindebau in Wien-Floridsdorf.

"Als leidenschaftliche Architektin würde ich auch heute noch sehr gerne bauen. Doch die Rolle eines Puffers zwischen Bauherr und Unternehmer, die man dabei stets einnehmen muss, ist mir inzwischen zu anstrengend - schließlich werde ich hundert Jahre alt", sagte die Architektin noch anlässlich der großangelegten Geburtstagsfeiern im Jahr 1997.

Erste Reaktionen

"Wien trauert um eine große Visionärin. Mit Margarete Schütte-Lihotzky, deren Denken, deren gebaute Ideen weit über ihren Tod hinaus wirken werden, verliert diese Stadt eine große Persönlichkeit", erklärte Wiens Bürgermeister Michael Häupl.

Staatssekretär Peter Wittmann bedauerte in einer ersten Stellungnahme ebenfalls zutiefst das Ableben der österreichischen Architektin. "Ihre architektonischen Arbeiten werden Meilensteine in Künstlerischem, Sozialem und Gesellschaftlichem bleiben. Die Republik Österreich hat als Zeichen der Wertschätzung ihrer Arbeit ein Schütte-Lihotzky-Stipendium eingeführt, das die Künstlerin noch im vorigen Jahr selbst vergeben konnte", erklärte er unter anderem.

Der Präsident der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten Österreichs, Peter Scheifinger, würdigte die Verstorbene als die österreichische Pionierin in den technischen Berufen. "Mit ihrer sozialen Haltung und ihrem unbeugsamen Antifaschismus hat sie über ihren künstlerischen Wirkungskreis hinaus gesellschaftlich bedeutsame Zeichen für die Republik gesetzt", sagte Scheifinger.

Einen Nachruf samt Würdigung veröffentlichte auch die Kommunistische Partei Österreichs. KPÖ-Vorsitzender Walter Baier betonte in einer ersten Stellungnahme das "bewundernswerte soziale Engagement der großen Architektin". Darüber hinaus wäre das Ableben von Margarete Schütte-Lihotzky auch ein "schwerer Verlust für die KPÖ". Die Architektin war 1939 der KPÖ beigetreten.

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