Salzburger Nachrichten am 28. Oktober 2005 - Bereich: Kultur
TERROR-KUNST

El-Kaida-Terroristen

als Figuren in einer TV-Seifenoper in Saudiarabien erregen die Gemüter der arabischen Welt. An den Drehbüchern hat ein ehemaliger Anhänger des Terrornetzwerks mitgewirkt. Abdullah Bjad (35), der seiner extremistischen Vergangenheit inzwischen den Rücken gekehrt hat, wurde von den TV-Produzenten vor allem wegen seines Wissens über den Islam und wegen seiner Kenntnisse über die merkwürdige Auslegung der Religion durch die Fanatiker von El Kaida engagiert.

In den Internetforen

von Islamisten hat die Serie, die in Anspielung auf die "Belohnung" für muslimische Märtyrer im Jenseits "Al-Hur Al-Ain" (Paradiesjungfrauen) heißt, einen Proteststurm ausgelöst. Einige Fanatiker haben sogar Morddrohungen ausgestoßen.

Die Geschichte der Serie,

die im islamischen Fastenmonat Ramadan beim Satellitensender MBC zur besten Sendezeit läuft, ist simpel: Araber aus verschiedenen Nationen leben in Saudiarabien in einem Wohnkomplex zusammen. Eine El-Kaida-Zelle greift das Gelände mit Sprengstoff an. Ein Attentäter stirbt bei dem Anschlag. Ein Zweiter kann fliehen. Der Dritte wird später von der Polizei verhört. Als "Inspiration" diente dem syrischen Regisseur Nadschdet Andhur, der auch die Idee zu der Serie hatte, der Selbstmordanschlag auf den Muhaja-Komplex in der saudiarabischen Hauptstadt Riad im November 2003.

Die Botschaft der Serie

lautet: "Der islamistische Terror schadet dem Ansehen des Islam." Um beim Zuschauer Mitleid für die Opfer und Verachtung für die Täter zu erzeugen, lassen die Drehbuchautoren ihn, wie in jeder normalen Seifenoper, zunächst an den Sorgen, Nöten und Zukunftsträumen der Bewohner des Wohnkomplexes teilnehmen. Während es bei den künftigen Opfern um Ehestreit, Krankheit und Liebe geht, bereitet sich gleichzeitig der Selbstmordattentäter Abdel Rahim auf die Tat vor.

Im vergangenen Jahr

hatte es während des Ramadans bereits Streit um die arabische TV-Produktion "Der Weg nach Kabul" gegeben, die sich mit der einstigen Herrschaft der Taliban in Afghanistan beschäftigt. Einige Sender nahmen die Serie aus dem Programm. Dass die Reaktionen diesmal heftiger sind, mag daran liegen, dass es nicht um Geschehnisse in der Ferne geht, sondern dass das arabische Publikum in "Al-Hur Al-Ain" Terror von Arabern gegen Araber zu sehen bekommt. (SN, APA)