Salzburger Nachrichten am 6. Mai 2006 - Bereich: Kultur
Steckdose und Dr. Barisani

Mit der neuen Ausstellung "vergiss.mozart" wird das künftige Profil des Rupertinums in Salzburg als Haus für Fotografie, Video- und Medienkunst konkret.

Hedwig KainbergerSalzburg (SN). Da steht das Mozartchen in einem durchsichtigen Plastikzylinder. Das Gleichgewicht hat es verloren, den Boden berührt es nur an der Kante des linken Schuhs. Es lehnt an der Wand, als wär' es traurig oder erschöpft. Die Arme sind so kurz, als hätten sie keine Ellbogen, die Augen sind so glasig, als wäre es hohl dahinter, die Haare glänzen so weiß wie die Nylonstutzen, das Gesicht dieses Industriepüppchens ist rosig und glatt.

Stellt diese Figur dar, was aus Mozart nach dessen Benutzung geworden ist? Der in Wien lebende Künstler Robert F. Hammerstiel zeigt diese Figur im Video "I want you to want me I". Dies ist eines der Werke, die Hammerstiel für das Museum der Moderne Salzburg geschaffen hat und die ab heute, Samstag, im Rupertinum in Salzburg zu sehen sind. Nicht mit Mozart habe er sich für diese Ausstellung auseinander gesetzt, sondern mit Vermittlung, Benützung, medialer Vervielfältigung und Mythisierung, sagte Robert F. Hammerstiel in der Presseführung am Freitag.

Auf zwei Stockwerken sind Fotos und Videos zum Thema "vergiss.mozart. mediale reflexionen über distanz und nähe" zu sehen. Hammerstiel sei beauftragt worden, da er in bisherigen Arbeiten oft absichtlich oder inszenierte Fälschungen dargestellt habe, erläuterte Kuratorin Margit Zuckriegl.

Für den ersten Raum hat Robert F. Hammerstiel Exponate in Mozarts Geburts- und Wohnhaus fotografiert. Er zeigt aber nicht allein das Chlavichord, sondern auch das die Besucher abwehrende Drahtseil. Und im Audioguide wird das zu Sehende so erläutert, wie es in Museen üblich ist: Name des Gegenstandes, Beschreibung, Herkunft und Zeit der Entstehung bekommen Besucher im Rupertinum nicht nur für das Gemälde von Mozarts Zeitgenossen Dr. Sylvester Barisani, sondern auch für die Steckdose oder "die schlichten Holzständer" als "Salzburger Tischlerarbeit aus dem Jahr 1997".

Ein Video zeigt einen Ausschnitt aus dem Film "Wen die Götter lieben", 1941 in der NS-Zeit gedreht, darüber läuft der Text der Eröffnungsrede Baldur von Schirachs zur Mozartwoche 1941 mit Sätzen wie: "In seinem Zeichen rufen wir die Jugend Europas zum Krieg für ihre Kunst". Ein anderes Video zeigt eine Karaoke-Sängerin, die in einer Bar eine Mozartarie so singt, wie vermutlich eine Sopranistin aus einem Kirchenchor um vier Uhr früh halt Mozart trällern würde.

Die Idee zur Ausstellung und der Mut zu Auftragswerken sind beachtlich, allerdings ist fraglich, ob Gehalt und Vielfalt dieser Werke - vor allem im zweiten Stock - für eine so große Ausstellung genügen.

Rupertinum als Haus für Foto- und Medienkunst Nach "Un-tiefen" mit Bildern von Hubert Scheibl sowie Fotografien Erich Salomons ist "vergiss.mozart" ein weiteres Beispiel, wie unter der Leitung von Toni Stooss das Rupertinum - als zweites Haus des Museums der Moderne - ein Standort für Foto, Video- und Medienkunst wird.

Dieses Profil fügt sich ideal zur Geschichte des Hauses, wo seit 1983 die derzeit größte österreichische Sammlung zeitgenössischer Fotografie aufgebaut wird; auch Robert F. Hammerstiel ist mit einigen Bildern darin vertreten. Zudem hat Fotografie in Salzburg mit dem vor 25 Jahren gegründeten Fotohof, mit der Fotoklasse an der Internationalen Sommerakademie und der Fotoklasse im Salzburg College eine außergewöhnlich reiche Tradition.Zu dieser Ausstellung erscheint ein Katalog, zudem wird über Internet www.talkaboutmozart.com zum Chatten eingeladen.