Gestaltende Utopien

Unter dem Titel "Permanently Unfinished House with Cell Phones" stellt die slowenische Architektin Marjetica Potrc im Salzburger Kunstverein gängige Lebensformen in Frage.


Reist man mehrere Jahre hintereinander an dieselben Plätze Süditaliens, so ist es immer wieder überraschend, dass einzelne Rohbauten nie zu Wohnhäusern werden.

Einerseits liegt dies an den finanziellen Engpässen der Bauherren, andererseits versuchen die Italiener, damit Steuern zu sparen. Eine Vorgangsweise, die von der Stadtverwaltung meist toleriert wird.

Urhütte

Die slowenische Künstlerin Marjetica Potrc interessieren solche individuellen Stadtformen. Die 50-jährige Künstlerin ist ausgebildete Architektin und hat in Ljubljana Bildhauerei studiert.

Im Salzburger Kunstverein zeigt sie architektonische Utopien, die die notwendigsten Bedürfnisse zum Leben in Favelas umfassen. Bereits 2002 war sie mit einer Hütte für Bewohner der Favelas in der Wiener Generali Foundation in der Ausstellung Designs für die wirkliche Welt zu sehen.

Lebenswelten

Potrc interessiert sich aber nicht nur für die Wohnräume und die Sozialstruktur ärmerer Sozialschichten, sondern auch für den Lebensraum der Reichen.

So wie der südafrikanische Fotograf David Goldblatt - der auch heuer auf der documenta vertreten war - neben den Ghettos der schwarzen Südafrikaner die Luxusvillen und Areas der reichen weißen Südafrikaner fotografierte, geht Portc auf Spurensuche.

Skurille Handy-Masten

"Cell-Tree"

Sie beobachtet, wie Handy-Masten in reichen Wohngegenden aufgestellt werden. Meist wird das zivilisatorisch "Neue" in die Natur eingebaut. Auf Baumwipfeln werden Antennen versteckt.

Der "Handy-Mastbaum" wirft Fragen nach visueller und ökologische Unweltverschmutzung auf und zeigt, wie moderne notwendige Infrastruktur verborgen wird.

Identitätsstiftend

Potrc interessieren die Abgrenzungen von sozial determinierten Klassen von einander. Es geht um Fragen der Identität, der Zugehörigkeit und ihrer Ausdruckformen.

Beziehen die Armen Südamerikas oder Afrikas aus ihren Wohnbedingungen auch ihre spezielle Identität? Wie entstehen Subkulturen? Welche architektonischen und künstlerischen Ausdrucksformen finden sie?

Link:

Tipp:

Ausstellung "Marjetica Potrc: "Permanently Unfinished House with Cell Phone Tree", Salzburger Kunstverein, 19. Februar bis 6. April, Informationen: 0662/63 83 23 10.

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