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Sammlung Essl/Klosterneuburg: 14 Fotos von Günther Förg

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Eine Intensivstation für Häuser

Von Claudia Aigner

Debattieren Sie mit!Heruntergekommene, müde Häuser und das Wetter über den Dächern ist meistens auch nicht sehr schön: Nach den Fotos zu urteilen, die Günther Förg in Moskau geschossen hat, ist die russische Hauptstadt eine Intensivstation für Häuser, wo die Werke der großen Architekten scheintot herumstehen. Und völlig verwahrlost sind, weil die Krankenschwestern schon längst alle heimgegangen sind (weil eh kein Geld zum Sanieren der Patienten da ist). Den Bauten von Konstantin Melnikov, auf die es Förgs Fotoapparat im Speziellen abgesehen hat, scheint es jedenfalls so zu gehen. 14 der Fotos hängen noch bis 1. Oktober in der Sammlung Essl in Klosterneuburg.
Ein russischer "Papierarchitekt" (der bislang also nur auf dem Papier bauen durfte) hat den Malerfotografen Günther Förg nach Moskau eingeladen, der sich dann bei den Gebäuden der 20er- und 30er-Jahre herumgetrieben hat. Förg: "Einmal kam da dieser KGB an und wollt' die Filme haben." Bei Konstantin Melnikov (1890 bis 1974) ist Förg dann offenbar hängen geblieben, dem gefeierten Architekten des russischen Konstruktivismus, der in Ungnade fiel und keine öffentlichen Aufträge mehr bekam, als der "architektonische Stalinismus" ins Land gezogen war und den Machthabern ein üppig ornamentierter Klassizismus (der "Klassizismus nach Zuckerbäckerart") halt lieber war. Melnikov hat übrigens auch den Sarkophag für Lenin entworfen (wo der "Diktator des Proletariats" bekanntlich für immer unverändert tot ist, seine Leiche gewissermaßen unsterblich ist). Dass jetzt ausgerechnet Melnikovs Bauten Gefahr laufen, mit der Abrissbirne endgültig k. o. geschlagen zu werden, entbehrt nicht einer gewissen Ironie des Schicksals.
Für das Bachmetiew-Busdepot wäre der Abriss laut der "Neuen Züricher Zeitung" schon bald akut geworden (ein Apartmenthaus hätte an seine Stelle treten sollen), und gemeinsam mit dem Architekturzentrum Wien und einigen Architekten wollten die Essls schon eine Unterschriftenaktion starten, die sich aber nach einer spätnächtlichen E-Mail erübrigt hat, wonach die Busgarage unter Schutz gestellt worden und einer Kindersportschule überantwortet worden sein soll (mit der Auflage, das Gebäude zu renovieren, wie auch immer das eine russische Kindersportschule anstellen mag). Baumaxl Karlheinz Essl will mit der aktuellen Ausstellung der Förg-Fotos aber trotzdem vorsichtshalber "den Finger in die Wunde legen". ("Kinder, passt's auf: Abg'rissen is bald was.")
Wären die Fotos von Günther Förg einem Fotografen "passiert", der für einen Architekturführer arbeitet, so würde der wohl sagen: "Die hab' ich jetzt aber verhaut." Aber schließlich will Förg die Häuser nicht repräsentativ ablichten (zwei, drei Fotos und das Gebäude ist erledigt). Er schreibt ja nicht seine Steuererklärung, sondern er fotografiert, wie das ein Maler eben tut: Er fängt die schäbige Atmosphäre ein (ganz nüchtern) und sein Blick bleibt an Details haften, die auch durchaus kippen dürfen. (Auch wenn etwa der Rusakov-Arbeiterklub in seiner Eigenart als höchst originelle, nämlich zahnradförmige monumentale Skulptur in der Totale besser zur Geltung gekommen wäre.) Besonders gelungen sind die Gegenlichtaufnahmen: der beinah abstrakte Blick durch die rhombenförmigen Fenster von Melnikovs Atelierhaus oder wenn das Tageslicht geradezu sakral durch ein Rundfenster einer Busgarage bricht. Es mögen ja keine spektakulären Fotos sein, die einen sofort umhauen, und vielleicht könnte ja wirklich jeder, der einen Fotoapparat hat, dieselben Fotos schießen. Freilich fährt nicht jeder nach Moskau und hat auch noch den Blick eines Malers mit dabei.

Erschienen am: 07.08.2000

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