Wenn die Farbe zur Form wird
Galerie Ropac. Nach Jahrzehnten voller „Lustserien“ an Farbe ist Imi Knoebel zum Schwarz-Weiß seiner Anfänge zurückgekehrt.
GUDRUN WEINZIERL SALZBURG (SN). Die Eröffnungsausstellung seines schlicht „Halle“ genannten Baus in der Vilniusstraße 13 im Salzburger Stadtteil Schallmoos hat Galerist Thaddäus Ropac dem international wohl bekanntesten deutschen Künstler der Abstraktion gewidmet: Imi Knoebel. Acht großformatige schwarz-weiße Werke gehen eine Verbindung mit dem Weiß des 200 Quadratmeter großen Ausstellungsraums ein. Sie wirken wie geschaffen für den „White Cube“ der neuen Salzburger Kunsthalle. Die Wand ist nicht mehr ausschließlich Träger des auf ihr hängenden Kunstwerks, sondern wird zum Bildgrund. Bei Imi Knoebel bekommen nicht Formen durch Bemalen Farbe, sondern er macht Farbe zu Form.
Ursprünglich nur mit Weiß, Schwarz, Licht und Schatten, mit Hartfaserplatten und rohen Keilrahmen arbeitend, hat Imi Knoebel ab Mitte der 1970er-Jahre den Gestaltungsraum der ungegenständlichen Kunst in allen erdenklichen Farben erforscht: Purist und Minimalist ist er geblieben, in den 80er- und 90er-Jahren gab es aber auch grellfarbige, gestisch expressive Farbsetzungen.
Ein Prinzip seiner Arbeitsmethode ist das kontinuierliche, oft in vielteiligen Serien angelegte und präzise Schaffen, das neutral wirkt und auf keinerlei Inhalt verweist. Imi Knoebels Kunst hat Projektcharakter, sie entwickelt sich und schreitet voran, ihre Elemente werden immer wieder aufs Neue geordnet, konstruiert und dekonstruiert.
Bei Ropac sind Bilder, Objekte und Raumkompositionen zu sehen. Ein Gutteil der Werke fällt aber zwischen die Ordnungsbegriffe Bild oder Objekt. Denn der Künstler zielt darauf, die Grenze zwischen Bildfläche und Skulptur aufzulösen, um durch die Tiefenwirkung von Farbe in der Wahrnehmung räumliche Tiefe oder Schatten zu suggerieren.
Die acht Werke bestehen ausschließlich aus schwarz oder weiß bemalten, unterschiedlich großen Aluminiumtafeln in den geometrischen Grundformen Rechteck, Quadrat, Dreieck. Ein schwarzes und ein weißes Dreieck aneinandergefügt, ergeben ein Trapez, werden aber perspektivisch als Pyramide wahrgenommen. Ein weißes Rechteck, an dessen oberer Kante ein schwarzes Trapez anschließt, wird zum „Haus“.
Nicht nur der Umriss dieser „Bild-Objekte“ lässt Assoziationen zu gegenständlichen oder architektonischen Formen zu. Der Künstler erweitert seine Bildtitel, die alle „Weiß und Schwarz“ lauten, durch Worte wie Ort, Flügel, Haus, Fabrik, Schattenkreuz, Pyramide. Knoebel sprach einst davon, dass die Welt der ungegenständlichen Kunst erst „ausgemessen“ werden müsse, auch das „Schaffen eines leeren Raums, um in diesen eintreten und darin gehen zu können“, formulierte er als Ausgangspunkt seiner Arbeit. Vorbilder waren die konstruktiv-geometrische Bildsprache des Suprematismus und eine Ikone der Moderne, das „Schwarze Quadrat“ von Malewitsch. Bis 15. Mai. Zeitgleich in der Villa Kast, Mirabellplatz 2, „Wings. Der Flügel in der zeitgenössischen Kunst“, im Annex Stephan Balkenhol, im Editions Rona Pondick.