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Kunstberichte

Ausstellung

Dreißig Jahre harte Arbeit

„Große Stolze“.  Foto: Truger

„Große Stolze“. Foto: Truger

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Es gibt sie noch: einige wenige Steinbildhauerinnen, die immer noch unverdrossen gegen die Moden der Zeit Marmor mit Meißel bearbeiten. Neben Gerda Fassel und Heidi Tschank ist das vor allem Ulrike Truger, ehedem Schülerin von Wander Bertoni an der Angewandten. Mit ihrem "Ikarus" aus Waldviertler Marmor weist sie uns den Weg zurück über Jahrtausende bis zum ersten namhaften Bildhauer, seinen Vater Daidalos, der für die kretischen Könige tätig war.

Vom Blick in die wiedererweckte Archaik in der klassischen Moderne spricht das Bearbeiten von Felsstücken – und auch von Themen, die auf mythische Gestalten verweisen. Eine Ausstellung im Künstlerhaus zeigt dreißig Jahre harte Arbeit an vierzig, teils monumentalen Blöcken vor der Landesgalerie in Eisenstadt.

Einzelnen Themenkreisen im Haus sind großformatige, teils erläuternde Fotos zugeordnet, sonst gibt es auf Wunsch der Künstlerin keine Dekoration – auf dem freien Platz in Richtung Musikverein behaupten sich "Hera" oder der "Bogen" genauso und führen damit auch ein kulturpolitisches Anliegen der Künstlerin vor: Truger gilt als streitbare Aktivistin in Sachen "Besetzung" des öffentlichen Raumes.

Streitbares aus Stein

Zur Erinnerung: Nach dem Tod des Schubhäftlings Marcus Omofuma hatte sie eine Stele zu seinem Gedenken ohne Genehmigung rechts der Oper platziert. Ebenfalls haute sie ihren sichtbaren Protest gegen die schwarzblaue Regierung vor dem Burgtheater in Stein. Ihre vor der Karlskirche aufgestellte "Kaiserin Elisabeth" war zumindest vorübergehend mit stadträtlicher Genehmigung versorgt – doch unter dem Nachfolger kam der Abtransport.

Truger hat die von einer Jury für den öffentlichen Raum gefällten Bescheide so heftig abgelehnt, dass die Omofuma-Stele nach langem Streit einen Platz am Eingang zur Mariahilfer Straße zugewiesen bekam. Dass eine Jury mit demokratisch gefällten Urteilen das Recht hat, selbst zu wählen, zweifelt sie an.

Ein Rest feministischen Protests der 70er-Jahre macht sich da bemerkbar: dass Frauen den männlich besetzten Beruf des Steinbildhauers weiter ausüben, ist ihr wichtig – für junge Künstlerinnen, die sich parallel dazu im Künstlerhaus-Obergeschoß mit der ephemeren Visualisierung von elektronischer Musik beschäftigen, ist Trugers Widerstand wohl schwer verständlich.

Interessant sind ihre mit der Natur korrespondierenden Werke wie "Drache" oder "Gaia" – eine "Liegende" ohne Sockel ist an ihrem privaten Aufstellungsort von Gras umwuchert, weist auf Korrespondenzen zur Land-Art hin. Zum gelungenen Dialog der steinernen Werke mit der Umgebung gibt es am 24. Jänner eine Podiumsdebatte.

Ulrike Truger. Stein

Kuratorin: Angelica Bäumer

Künstlerhaus,

bis 13. Februar

Widerständig.

Montag, 21. Jänner 2008

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