Wiener Zeitung · Archiv


Kunstberichte
Agnes Husslein, Chefin der Österreichische Galerie Belvedere, hält Rückschau und blickt in die Zukunft

Der falsche Ort für Winterschläfer

Der Turm, neuer Blickfang des "20er Hauses", hat seine volle Höhe erreicht. Foto: Koller

Der Turm, neuer Blickfang des "20er Hauses", hat seine volle Höhe erreicht. Foto: Koller

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Aufzählung "20er Haus": Ende der ersten Bauphase im Juni.
Aufzählung Verbesserungen im Haupthaus.

Wien. Ein Ort für Winterschläfer ist die Österreichische Galerie Belvedere sicherlich nicht: Die Projekte klingen spannend, und auch die rückschauende Bilanz kann sich sehen lassen.

2007 war Agnes Husslein-Arco unter dem Motto "Das Belvedere blüht auf" angetreten. Die Blüten sind jedenfalls auch winteraktiv – die Baumaschinen fahren, die Restauratorengeräte zischen. Der neue Turm des "20er Haus" beim Arsenal hat seine volle Höhe erreicht, die erste Bauphase für Kellergeschoße und Fassade wird bereits im Juni abgeschlossen sein.

Im rechten barocken Kavalierstrakt zwischen Haupthaus und Gürtel entsteht ein neuer Kassen- und Shopbereich. Dabei wurde Altbestand freigelegt und dazu die Kustodenräume mit restauriert.

Als besonderes Barockjuwel wird die reich stuckierte Sala Terrena von allen Glasboxen und Pulten befreit: Hier ist bis auf die eingebauten Öffnungen zum Garten bald alles wie unter dem ersten Hausherren, dem ja ab 11. Februar eine große kulturhistorische Schau gewidmet wird. Ein großer Raum wird dabei für die Barock-Daueraufstellung frei; natürlich im Zug der Erweiterung auch das Café saniert.

Bezahlung nach Leistung

Wen wundert all die Zügigkeit? – Tatsache ist, dass Husslein-Arco keine Scheu hat, ihre Ziele kürzer als zeitgerecht durchzusetzen. Nicht von Ungefähr hat sie sich, wie die "Wiener Zeitung" in Erfahrung brachte, auf die amerikanische Lösung einer an die Leistung gebundenen Bezahlung ihrer Person eingelassen. 40 Prozent mehr am Konto bringen bereits die eingehaltenen Zielvereinbarungen.

Wenn der Steuerzahler also in Zukunft noch etwas mehr investiert in dieses Gehalt, bekommt er dafür ein fertiges Museum des 20. Jahrhunderts, verbesserte Klimatisierung und verbesserte Sicherheit in den beiden Geschoßen des Haupthauses, viele Ausstellungen, die alle Bereiche zuweilen auch thematisch verbinden werden, und intensivierte Forschung und Publikationstätigkeit.

Bereits abgeschlossen sind die Arbeiten an der Orangerie, am Unteren Belvedere, am Prunkstall samt dem Verbindungsgang, am Research-Center und am digitalen Archiv, natürlich samt der Neuaufstellung und jährlich durchschnittlich 15 Präsentationen im Ausstellungsbereich.

Von der anfänglichen Steigerung der Besucherzahlen um 74 Prozent blieben trotz allgemeinem Einbruch durch die Wirtschaftskrise 2008 immerhin 64 Prozent. Die Österreicher besuchen vor allem das Ausstellungscenter Unteres Belvedere um 45 Prozent mehr. Favoriten waren dabei erwartungsgemäß Gustav Klimt, Alfons Mucha und Ferdinand Georg Waldmüller.

Steigende Zahlen bieten Fundraising, Schenkungen und Ankäufe, vor allem im Bereich Gegenwartskunst. Thomas Zaunschirm hat kürzlich auf die derzeit führende Rolle des Belvedere in der positiven Beachtung seitens des Auslands hingewiesen – vielleicht steigern diese Fakten den Anreiz für Sponsoren der zweiten Bauphase des "20er Hauses".

Printausgabe vom Mittwoch, 20. Jänner 2010
Online seit: Dienstag, 19. Jänner 2010 16:37:24

Kommentar senden:
Name:

Mail:

Überschrift:

Text (max. 1500 Zeichen):

Postadresse:*


* Kommentare werden nicht automatisch veröffentlicht. Bitte beachten Sie unsere Regeln.
Die Redaktion behält sich vor Kommentare abzulehnen. Wenn Sie eine Veröffentlichung Ihrer Stellungnahme als Leserbrief in der Druckausgabe wünschen, dann bitten wir Sie auch um die Angabe einer nachprüfbaren Postanschrift im Feld Postadresse. Diese Adresse wird online nicht veröffentlicht.

Wiener Zeitung · 1040 Wien, Wiedner Gürtel 10 · Tel. 01/206 99 0 · Mail: online@wienerzeitung.at