„Bellevue – Das gelbe Haus“ brachte Farbe in das Linzer Stadtteilleben. Bild: weihbold
Was bleibt? Seit Wochen klammert sich diese Frage an Linz09. Dass sie so gestellt und nicht von einem „War das etwas?“ weggerempelt wird, spricht für das Gewesene.
Die einen vertrauen auf das Gewicht der Zahlen, die auf die Erfolgswaage gestellt werden. Dort drängen sich 3,4 Millionen Programm-Besucher (wenn man die Gäste aus den Aufwärmjahren 06 bis 08 mitnimmt), ein im globalen Krisenjahr ansprechendes Nächtigungs-Plus von 11,4 Prozent bis Ende Oktober. Da wollen wir nicht kleinlich sein und großzügige Massenerfassungen (wer hat wie 170.000 Menschen beim AEC-Projekt „80+1. Eine Weltreise“ auf dem Hauptplatz gezählt?) penibel hinterfragen.
Wichtiger ist, dass das Kulturhauptstadtjahr Festgefahrenes verrückt, Sichtweisen verändert, Lust gesteigert und Neugier geweckt hat. Berauschend, wie sehr sich das Publikum auf die (Über-)Fülle auch abseits der Schau-, Tiefen- und Höhen-Räusche eingelassen hat. Und gar nicht ernüchternd, dass in den 365 Tagen zwischen zwei Silvesterfeuerwerken nicht alles leuchtend zündete. Da halten wir es mit dem vor drei Jahren verstorbenen Journalisten, Autor und Aktivisten Günther Nenning, der einmal gesagt hat: „Tu, was du musst, tu’s mit Lust, lern fliegen statt siegen.“
Als Sonne, die über Tag und Nacht des Programms bestimmte, positionierte sich Martin Heller. Weder in politische noch kulturelle hiesige Seilschaften verstrickt, bewährte sich der Schweizer als standhafter Fels in der Brandung der Begehrlichkeiten. Für das Gelbe vom Ei, das der Intendant augenzwinkernd herausgebraten hat, war seine Teflon-Haltung hilfreich. In der Auseinandersetzung duldete sie keinen Makel. Wer sich so glatt abputzt (wie bei seinem Sündenfall „Der Heilige Berg“), eignet sich nur bedingt als Reibebaum.
Was bleibt? Magische Momente. Das neue Selbstbewusstsein einer Stadt, die sich geöffnet hat und mit Offenheit beschenkt wurde. Eine verhärmte Teil-Szene, die den Weg aus dem Jammer-Tal finden möge. Ein Fundus von Ideen, die weiterentwickelt werden wollen. 09-Projekte wie Akustikon oder Kepler Salon, denen ein 10-Leben vergönnt sein muss. Die Ermöglicher an den politischen und wirtschaftlichen Hebeln, die mit dem Titel Kulturhauptstadt ihre Verantwortung und Aufgabe nicht abstreifen dürfen. Und die aus dem zu Ende gehenden Jahr geschöpfte Erfahrung, was Kultur und Künstler bewegen (außer einem grünen Auge).