Galerien live
Ein Knoten im Gebirge
(cai) Was macht man mit einer Schaufel in den Bergen? Blöde Frage. Ein
Loch graben. Könnte natürlich ein neuer Sport sein ("Nordic Digging").
Oder auch nicht. Denn fürs nordische Spazierengehen braucht man ja zwei Stöcke. Also müsste die Schaufel beim nordischen Buddeln an beiden
Enden ein Schaufelblatt haben. Äh, paddelt man dann auf dem Trockenen
wie ein Eskimo im Meer und schmeißt wild mit der Erde herum? (Steigert
die Fitness garantiert ungemein.) Aber Veronika Dirnhofer ist eh keine
"Nordic Diggerin", sondern eine Künstlerin.
Die hat nun auf der Bielerhöhe gleich neben der Silvretta-Staumauer
eine schlichte Grube ausgehoben (na ja, ein Loch halt), Farbe
hineingeschüttet und alles wieder zugeschaufelt. Ist das ein Beispiel
für brutalistische Landschaftsmalerei? (Einfach Farbe in der Natur zu
verscharren.) Nein, Dirnhofer hat sich vielmehr sehr direkt mit einer
belasteten Gegend auseinandergesetzt, damit, dass besagter Staudamm in
der NS-Zeit von Zwangsarbeitern gebaut worden ist und kein Denkmal
daran erinnert. Drum hat sie auch noch eine schlichte Gedenktafel ("Im
Gedenken an") in die Wiese gelegt und einen markanten Steinbrocken wie
zufällig "ausgestreut". Der ist wohl so etwas wie ein Knoten im
Schnäutztüchl. Eine "Hm, da war doch irgendwas"-Gedächtnishilfe.
Kathartisch hat die Silvretta auf Dirnhofers Bilder
eingewirkt. Die Zuckerl-Buntheit ist futsch (danke!). Auch da wird
"vergessen": Details verrinnen, Schrift verwischt (etwa der skeptisch
poetische Titel eines Buches über Frauen im Widerstand: "Der Himmel ist
blau. Kann sein"). Melodramatisch sind die Landschaften, wo die
Elemente wildromantisch übereinander herfallen und virtuos hin- und
hergeschaltet wird zwischen rabiater Fülle und lammfrommer Leere. Fast
sensationell.
Galerie Frey
(Gluckgasse 3)
Veronika Dirnhofer
Bis 20. Mai
Mo. – Fr.: 11 – 19 Uhr
Sa.: 10 – 16 Uhr
Kierkegaard und Zorro
(cai)"Der Augenblick ist jenes Zweideutige, darin Zeit und Ewigkeit
einander berühren." Oh, richtig romantisch. Ist aber nicht von mir, ist
von Kierkegaard. Um das halbwegs zu verstehen, benötige ich freilich länger als einen Augenblick. Ja mindestens einen Moment. (Wie viele Augenblicke kriegt
man eigentlich für einen Moment? Was ist da der Umrechnungskurs?)
Vermutlich gibt es das Zitat ja deshalb gratis zum Mitnehmen. Als
Plakat. Damit man mehr Zeit damit verbringen kann. Nick Oberthaler
zitiert überhaupt gern (vielleicht ein bissl zu ungeniert). Wenn er
eine Wand violett streicht, heißt das, dass er die aktuelle Modefarbe
kennt oder ist er ein Fan von der Wiener Austria? Aber wieso muss er
auf ein Papier ein Foto von penetrant positiv gestimmten Burschen in
NS-Uniform picken? Damit die an sich harmlose Collage
"vergangenheitsbewältigend" wirkt? Und der Gipsarm (ein Abguss seiner
eigenen Greif-Extremität), hält der die Andeutung einer Fahne (ein
zackiges Z an einem Stock) oder ist das ein Outing? ("Ich Zorro.") Eher
Ersteres. (Denken ist ja so anstrengend.)
Layr Wuestenhagen Contemporary
(An der Hülben 2)
Nick Oberthaler
Bis 30. April
Di. – Fr.: 11 – 18 Uhr
Aliens tragen keine Karos
(cai)Typische Gironcolis eben. Technoid organische Fantasien aus kühlem
Aluminium, die in einem Science-Fiction-Film nicht unangenehm auffallen
täten. Stocksteife "Außerirdische" zum Beispiel. Einer ist auf einem
Edelweißkranz "aufgebahrt" (ein Folklore-Alien?), ein andrer heißt
Daphne und hat vegetarische Hände. Daphne. Wie die Nymphe, die zu einem
Lorbeerbaum mutiert ist? Okay, ein bissl fad ist das diesmal schon. So
apathisch. Muss man sich halt mit den frühen Entwürfen für unheimliche
Apparaturen trösten. Äh, steht da "Katzen in Öl getränkt"? Ach nein:
Kotzen, nicht Katzen. Puh!
Galerie Chobot
(Domgasse 6)
Bruno Gironcoli
Bis 30. April
Di. – Fr.: 13 – 18 Uhr
Printausgabe vom Mittwoch, 29. April 2009
Kommentar senden:
* Kommentare werden nicht automatisch
veröffentlicht. Die Redaktion behält sich vor Kommentare abzulehnen.
Wenn Sie eine Veröffentlichung Ihrer Stellungnahme als Leserbrief in
der Druckausgabe wünschen, dann bitten wir Sie auch um die Angabe einer
nachprüfbaren Postanschrift im Feld Postadresse. Diese Adresse wird
online nicht veröffentlicht.