Artikel aus profil Nr. 15/2003
Extra fluffig

profil-Cartoonist Rudi Klein veröffentlicht zwei neue Bücher und begründet damit seine „Bibliothek der reich bebilderten Verzweiflung“.
Wo andere mit Tobsuchtsanfällen reagieren, lacht Rudi Klein nur: Etwa damals, als sich Tochter Mimi über Vaters Auto hermachte. Mit einem Stein ritzte sie kunstvoll „Rudi“ ins teure Blech. Klein fand das „irrsinnig komisch. Bei solchen Aktionen geht mir das Herz auf. Ich merke dann: Humor, es gibt ihn ja!“ Wo andere Humoristen von Berufs wegen glauben, extra gute Laune zur Schau tragen zu müssen, da bleibt Rudi Klein verlässlich grummelig. „Man braucht eine gewisse Bitterkeit, um dieses Zeug zu tun“, zitiert Klein in diesem Zusammenhang den US-amerikanischen Kultzeichner Robert Crumb. „Klein ist missmutig, mieselsüchtig und stets schlechter Dinge“, behauptet Armin Thurnher, Chefredakteur der Wiener Stadtzeitung „Falter“, der – wie profil – das Vergnügen hat, mit Klein seit Jahren zusammenzuarbeiten.

Erwartungshaltungen enttäuscht Cartoonist Klein seit jeher, Witz muss Widerhaken haben: Parfümiert-blümchenhaft-schöngeistig hat Klein, 1951 in Floridsdorf geboren und auf den gravitätischen Vornamen Rudolf getauft, nie gezeichnet; unter den Pseudonymen Ivan, Ruud, Olf oder Rhoemheld beliefert er nun seit über zwei Jahrzehnten „trend“ und profil, die „Süddeutsche Zeitung“ und das Wochenblatt „Die Zeit“, die Arbeiterkammerzeitung und das deutsche Satireblatt „Titanic“ mit bärbeißigem Humor und gezeichnetem Nonsens. Das war bereits in „Biere auf der Flucht“, seinem ersten Sammelband von 1993, so: „Wie man problemlos Hunde in öffentlichen Verkehrsmitteln transportiert“, belehrt er da im Rahmen einer Zeichnung, auf der eine Metalldose zu sehen ist, mit dem Schriftzug: „Faschiertes. Extra fluffig“.

Brutpflege & Sinnfragen

Im Frankfurter Buch- und CD-Versand Zweitausendeins sind nun zwei neue Klein-Werke erschienen, die zugleich die auf Klein exakt zugeschnittene „Bibliothek der reich bebilderten Verzweiflung“ begründen. „Pannöse Brutpflege“ dreht sich, wie bereits der 1997 erschienene Band „Gnadenlose Knirpse“, um die lieben Kleinen. Klein at his best: „Wie gute Kinderbücher beginnen …“, verrät er darin. Darunter hat er einen gar gekochten Schinken gezeichnet und den überaus gelungenen Anfang eines Kinderbuchs vermerkt: „Das ist Helene. Sie hat viele Freunde.“

„Abkeimende Sinnfragen“ zeigt eher den philosophischen Klein. Scherzprobe aus der gewohnt üppigen, von minimalistisch, stets ohne Hals und Unterkiefer gezeichneten Figuren umrahmten Klein’schen Kurzprosa: Kommt ein Mann zum Psychiater. Sagt der Psychiater: „Wollen Sie jetzt mit Ihrer Mutter schlafen oder mit meiner?“ Überdies gestaltet Klein das legendäre „Merkheft“, die achtwöchentlich erscheinende Zweitausendeins-Programmvorschau, nach 35 Jahren erstmals neu: Ein Sparpaket wird da präsentiert, bei dem sogar Selbstlaute dem Sparprogramm zum Opfer fallen: „Shr gt!“

Eine „Auszeichnung“ ist es für Klein übrigens, wenn seine aus Zeitungen und Zeitschriften gerissenen Witze schließlich auf dem Klo zu hängen kommen. Daher ist es auch verständlich, dass er der regelgerechten Einordnung der beiden neuen Klein-Odien in die wohlsortierte Heimbibliothek irgendwie skeptisch entgegenblickt.

Autor: Wolfgang Paterno; Foto: Astrid Bartl


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