Kultur/Medien | 29.08.01 | www.DiePresse.at
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Kann die Stadt Wien das Künstlerhaus retten?

Manfred Nehrer, Präsident des Wiener Künstlerhauses, schlägt Alarm wegen Finanzproblemen. Rettung, vor allem von der Stadt Wien, scheint bereits unterwegs.

"Das Bildungsministerium hat für das Künstlerhaus in den letzten fünf Jahren schätzungsweise bis zu 55 Millionen Schilling gezahlt. Für zeitgenössische Kunst ist es aber nicht zuständig." Wilfried Seipel, Generaldirektor des Kunsthistorischen Museums, ist irritiert über die Alarmrufe des Künstlerhaus-Präsidenten Manfred Nehrer, der Finanzprobleme des Künstlerhauses beklagt: "Von einer Krise will ich nicht sprechen, weil das klingt so nach selbst verschuldet", sagt Nehrer.

Programm-Umstellung

Die Sachlage: Seit 1996 hat das Bildungsministerium für Ausstellungen im Künstlerhaus eine Pauschal-Mietabgeltung von acht bis zehn Millionen Schilling im Jahr bezahlt - für jeweils sechs Monate im Jahr. Das Kunsthistorische Museum, auf dessen Initiative der Vertrag, so Seipel, zustande kam, hat am Karlsplatz Großausstellungen gezeigt, die viel Publikum anlockten: "Gott-Mensch-Pharao", 1992; 160.000 Besucher. "Die Welt der Maya", 1993; 220.000 Besucher. "Ägyptomanie" 1994/95; 160.000 Besucher. "Land der Bibel", 1997/98; 120.000 Besucher. "Jemen" sowie "Schätze der Kalifen" 1998/99; 150.000 Besucher. Auch im kommenden Herbst wird das "Kunsthistorische" noch einmal im Künstlerhaus zu Gast sein: "Die Entdeckung der Welt - Die Welt der Entdeckungen" ab 27. Oktober soll an Forscher und Sammler aus Österreich erinnern.
Im Februar 2002 aber läuft der Vertrag mit dem Bildungsministerium aus: "40.000 Schilling kostet die Miete am Tag, da ist aber nicht viel drin", sagt Seipel: "Das Künstlerhaus braucht dringend eine Sanierung, von den Fußböden bis zur Sicherheit. Wir hatten auch nicht mehr den Eindruck, daß wir sehr willkommen sind, vielleicht wegen des Ausstellungsprogramms des neuen Präsidenten".
Architekt Manfred Nehrer, der 1996, nach der Ablehnung des Essl-Museums durch die Generalversammlung des Künstlerhauses, zum Präsidenten gewählt worden war, stellte das Schauprogramm im "k/haus" (so der neue Plakatname) auf zeitgenössische Kunst, Medien, Interdisziplinäres bis hin zu Werbung, Design um. Noch bis 9. September ist die Schau "Global Tools", wichtige Gegenstände des täglichen Lebens, von CD oder Identity-Card bis zu High-Tech-Gerät zu sehen. Außerdem bekommen Künstlerhaus-Mitglieder Raum.
"Ich möchte das Bildungsministerium nicht kritisieren", sagt Nehrer: "Nur, es muß jemand einspringen. Zeitgenössische Kunst rechnet sich nirgends. Wir haben ein Riesenhaus zu erhalten, das auch ohne Ausstellungen immense Kosten verursacht. Ohne Unterstützung müssen wir den Großteil des Jahres sperren und können nur mehr für die Mitglieder öffnen."
Wobei Nehrer darauf verweist, daß "das Künstlerhaus keinen Groschen Schulden hat, sondern eine Eigendeckung von 52 Prozent." Darin scheinen freilich die acht bis elf Millionen vom Bildungsministerium enthalten zu sein. Zwei Millionen kommen von der Stadt Wien für Projekte, gesamt beträgt das Budget 25 Millionen Schilling. Schon früher hatte das Künstlerhaus Krisen zu bewältigen. Und schon früher hat es kulturgeschichtliche Ausstellungen gezeigt: unter dem langjährigen Präsidenten Hans Mayr. Zu sehen waren u. a. "Die Türken vor Wien", "Traum und Wirklichkeit", auch Ausstellungen über Ägypter, Perser, Azteken. "Es tut mir ein bißchen leid, daß diese vielfältig verdiente Institution jetzt nur mehr der zeitgenössischen Kunst dient", sagt Seipel.

Gespräche mit Morak

Rettung für das Künstlerhaus scheint jedenfalls unterwegs. Am kommenden Freitag spricht Nehrer mit Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny, der städtische Unterstützung, auch mehr als bisher, zugesagt hat, aber den Ausfall des Bildungsministeriums nicht allein tragen will. Im September soll es ein Gespräch mit Kunststaatssekretär Franz Morak geben, so Nehrer. Am 4. September hat das Künstlerhaus eine Mitgliederversammlung. Eine Verlängerung des Vertrages mit dem Bildungsministerium wird von diesem auf Anfrage der "Presse" ausgeschlossen: Wegen der neuen Autonomie der Bundes-Museen wurde der Budgetposten diesen überantwortet wurde. bp

© Die Presse | Wien
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