Salzburger Nachrichten am 18. März 2006 - Bereich: Kultur
Agnes Husslein, wer sonst?

Ministerin Gehrer ernannte die neue Direktorin der Österreichischen Galerie

Ernst P. STroblWien (SN). Eine "kurzfristig einberufene Pressekonferenz", hieß es, als Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) am Freitagmorgen die Presse für 14.15 Uhr einlud. Sie wolle den Namen für den Direktorsposten der Österreichischen Galerie im Belvedere verkünden. Nur: Die Verkündigungsengel waren ihr vorausgeflogen. Im ORF-Mittagsjournal war die künftige Direktorin bereits im Interview zu hören, die APA sammelte seit den Morgenstunden Reaktionen auf Meldungen in Freitagausgaben von Zeitungen. Agnes Husslein wird also Chefin der Österreichischen Galerie, welch Überraschung!

Das ist so im "vernetzten" Wien, wenn Bankleute (etwa von Raiffeisen) nicht nur im Kuratorium des Museums sitzen, sondern auch in einer Tageszeitung ein kapitales Wörtchen mitreden. Egal, wie die Neuigkeiten liefen, wer sich zur Pressekonferenz ins Bildungsministerium bemühte, erlebte eine schöne Dreiergruppe. Ministerin Gehrer, die "verkündete", was zu verkünden war, Gerbert Frodl, der sich Ende September als Direktor der Österreichischen Galerie in die Pension verabschieden wird, und Agnes Husslein, die Überraschung.

Die Ministerin lobte das Aufbauwerk von Frodl und "sein" Haus. Natürlich sei bei der Ausschreibung alles mit rechten Dingen zugegangen. Sie freue sich, dass eine "starke Frau für eine wichtige Funktion" gefunden sei. Nach der Ausschreibung im November seien sechs Bewerber zum ersten Hearing eingeladen worden. Agnes Husslein und Peter Pakesch (Graz) hätten die zweite "Runde" geschafft, Peter Bogner, Tobias Natter, Ingried Brugger, Peter Assmann nicht. Die Jury - Wilfried Seipel, Kunsthistorisches Museum Wien, Christoph Becker, Kunsthaus Zürich, Hiltrud Westermann-Angerhausen, Museum Schnütgen Köln u. a. - habe nach dem Hearing einen einstimmigen Bestellungsvorschlag gemacht.

Agnes Husslein bedankte sich für das "große Vertrauen" und sah "viel Arbeit" auf sich warten. Gerbert Frodl bestätigte dies und sagte, dass die neue Direktorin "noch viel lernen müsse". Als erstes Vorhaben verriet Husslein, sie wolle Mittelalter und Barock besser als bisher darstellen und Oberes und Unteres Belvedere besser vernetzen. Über die Restitution der fünf Klimt-Bilder sei sie zwar traurig, aber: "Das Haus verfügt noch immer über die bedeutendste Klimt-Sammlung der Welt, glaube ich."