762--Kunst ohne Grenzen

Es auch eine d11 der Grenzfälle, politischer Grenzen, Borderlines, wie auch der von traditionellen Konfliktzonen. Am besten zeigt dies der Videofilm "A Season Outside" von Amar Kanwar (Abb. A), der ein irrwitziges Gebaren und den Alltag zwischen Pakistan und Indien thematisiert. Chantal Akerman baut gleich drei videolastige Räume, in denen mit "From the other Side" auf 20 Monitoren und einem Plasmascreen das Trauma der Grenze zwischen Mexiko und den USA eindrucksvoll eingespannt ist. Innere, genozide Grenzziehung kommt im Beitrag von Eyal Sivan (Abb. B) brutal zur Sprache. Der Aufruf zum Völkermord an den Tutsis durch den Radiosender RTML und die Kombination mit Fotos aus dem Jahre 1996 ist eindrucksvoller Beleg für die radikalen Auswirkungen eines religiösen Fanatismus. Sivan ist in Paris lebender Palästinenser und wie Fareed Armaly sensibilisiert für derartige Konflikte. Seine Arbeit From/To ist ein wenig zu groß geraten, wenngleich ihre derzeitige Situationsbescheibung von Palästina der Tagesaktualität eher mehr als zu wenig Aufmerksamkeit verdient.

Zarina Bhimjis eindrucksvoller Videofilm über Uganda ist der Versuch, den Greueltaten des Diktators Idi Amin durch die stille Eindringlichkeit des leeren, toten Ortes über die heilende Kraft des Feuers eine neue Erinnerungsebene zu geben. Auch Altmeister Leon Golub (Abb. C) ist an den Auswirkungen von Macht, Repräsentation und dem leeren Raum als Bedrohung oder Erinnerung des Bösen interessiert und einer der raren Maler auf der d11, Ulrike Ottinger zeigt uns Istanbul (Abb. D) an der Grenze zwischen zwei Kontinenten und Fiona Tan eine autobiographisch dominierte Untersuchung der Menschen aus Ost- und Westberlin. Viele wären weiter zu nennen, Beispiel Südafrika: Kendell Geers (Abb. F) mit einer schwachen Fotoserie über Grenzzäune und Warnschilder, hingegen sind die unglaublich guten Fotografien von David Goldblatt zur Apartheid eine wahre Entdeckung; das Black Audio Collective ist mit einem strategisch-analytischenen Film über den Aufstand der Schwarzen 1986 in England vertreten. Einen wahren Rausch von Grenzfällen bietet die documenta Halle: Park Fiction über den Klassenkampf im Hamburger Hafen ist umfassend gut vertreten, der demokratische Gesellschaftskurs zu Kroatien von Andreja Kuloncic (Abb. G) wiederum entbehrt häufig der präzisen Determinierung. Als real und beeindruckend steht Le Groupe Amos (Abb. E) aus der Republik Kongo für die gewaltlose Veränderung der Gesellschaft und die sozial-aufklärerische Arbeit des kreativen Kollektivs.

Zwei letzte und einzige webbasierte Grenzfälle: tsunamii.net aus Singapur ortet den geografisch unabhängigen User und Feng Mengbo legt ein Ballerspiel vor, dessen Nutzung frei runterladbar und vor Ort spielbar ist - grenzwertig!

Gregor Jansen

Daten: Grenzfälle auf derDocumenta11 in Kassel, täglich 10 bis 20 Uhr, bis zum 15. September 2002

Und hier gibt es alle Beiträge zur Documenta11 auf Blitz Review


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