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Kunstberichte
Ausstellung: Plamen Dejanoff. Heads & Tails

Das Modell als diskursives Konzept

Dejanoffs Modelle aus 
Tonerde. Foto: W. Woessner/MAK

Dejanoffs Modelle aus Tonerde. Foto: W. Woessner/MAK

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Aufzählung Plamen Dejanoffs vier Modelle zu "The Bronze House" sind aus dunkler Tonerde, die sich als Bronze ausgibt. Als utopisches
Modell soll die ausgeführte Archiskulptur in der bulgarischen Stadt Veliko Tarnovo, in der es keine Institution für zeitgenössische Kunst gibt, im Projekt "Planets of Comparison" real bespielbarer Baukörper werden.

In der aktuellen Vieldeutigkeit wird das Zwitterwesen Kunst und Architektur verbinden sowie Symbolträger eines sozialen Netzwerkes werden. Womit der Künstler die für ihn bekannte Achse zur Ökonomie herstellt, die er schon in einigen Werken während der nun 15 Jahre dauernden Beziehung zum MAK zum einen ironisch, zum anderen ganz professionell gesucht hat.

Die siebte Schau von "Künstler im Fokus" im Gegenwartsdepot des Museums trifft also auf keinen Unbekannten – gefördert von Peter Noever persönlich. Gemeinsam mit dem zuvor gezeigten Liam Gillick durchbricht er geschickt die Grenzen zwischen Kunstgattungen, befragt Rahmenbedingungen und schneidet auch in die aktuelle Doppelbödigkeit zwischen Pop und Konzept seine ganz spezielle Position wie ein Kuchensegment ein. Recherche und Label spielen dabei ebenso eine Rolle wie die genaue Materialbefragung.

Bezüge zur Geschichte der modernen Avantgarden seit Marcel Duchamp werden mit den lokalen Traditionen seiner bulgarischen Heimatstadt in Relation gesetzt. Geopolitik trifft Kritik am Modernismus wie Industriedesign das Handwerk.

In der Kooperation mit Gillicks modulhaft generierten Stufensockel in verschiedenen Farben für Dejanoffs vier Hausmodelle, lässt sich die bereits von Constantin Barancusi gestellte Frage neu formulieren: Wer ist wichtiger, ausgestelltes Exponat oder Sockel? Beim Teamwork zweier international vernetzter Künstler ist das demokratische Prinzip vorgegeben, aber das Denken der Betrachter nicht. Man sollte also durch diese Konzepte zwischen Ethik und Ästhetik springen, Kunst und Kommerz unterscheiden und die gesellschaftliche Relevanz neuer Konzeptkunst erfassen. Wunschbilder, die von solchen komplex zu einem Baukastensystem addierten Architekturmodellen ausgehen, gab es auch in der Wiener Architektur der späten 60er und 70er Jahre. Der Unterschied heutiger Künstler ist fast nur der professionellere Umgang mit Kunstinstitutionen.

Aufzählung Ausstellung

Plamen Dejanoff. Heads & Tails
MAK Schausammlung Gegenwartskunst
Bis 27. Februar 2011



Printausgabe vom Mittwoch, 29. September 2010
Online seit: Dienstag, 28. September 2010 17:20:00

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