text breit  text schmal  
drucken 
Bilder keine Bilder

derStandard.at | Newsroom | Panorama | Integration | Fremdes Österreich 
18. Jänner 2009
17:00 MEZ

Zur Person:
Gülsen Bal wurde in Izmir (Türkei) geboren. Sie lebt und arbeitet in London und Wien. Bal studierte "Zeitbasierte Medien" an der Guildhall University und "Critical Fine Art" am Central Saint Martins College of Art & Design, London (GB). Im Jänner 2008 eröffente sie den "Open Space - Zentrum für Kunstprojekte".

Link:
www.openspace-zkp.org

 

Gülsen Bal: "Als Kosmopolitin hat man die Möglichkeit über die Staatsgrenzen hinaus zu handeln."


Ansicht von Arye Wachsmuths Installation Danger! (2006-2009), die bis 10.02 im Open Space gezeigt wird. Weitere KünstlerInnen in der Ausstellung: 2/5 BZ aka Serhat Köksal, Ricarda Denzer, Martin Ebner, Mathias Fuchs, Bernhard Loibner, Bob Ostertag, Florian Schmeiser, xUrban Collective, Florian Zeyfang.


Signalstärke beweisen: "Open Space"
Das Zentrum für Kunstprojekte "Open Space" und seine Initiatorin Gülsen Bal feiern mit der Ausstellung "Grenzsignal" ihren ersten Jahrestag in Wien

Mit der Ausstellung The Temporary Zones eröffnete die in der Türkei geborene und in London aufgewachsene Gülsen Bal vor genau einem Jahr den Open Space im zweiten Wiener Gemeindebezirk. Trotz des gleichzeitig als Programm zu verstehenden Titels der Eröffnungsausstellung war das Zentrum für Kunstprojekte aber nie als zeitlich begrenzt, vorübergehend oder gar kurzfristig angelegt.

"Für den Standort Wien habe ich mich entschieden", erläutert Bal, "weil es sich als Stadt eine reichhaltige Geschichte beibehalten hat und gleichzeitig eine der wichtigsten Schnittstellen im zentral- und osteuropäischen Raum darstellt. Diese Mischung birgt spannende Brüche in sich, die ich sowohl im Ausstellungsraum als auch in meiner eigenen künstlerischen Arbeit behandle." Bei den Brüchen, wie es die Leiterin des vorrangig auf Vernetzung angelegten Projektraums ausdrückt, handelt es sich um die konfliktreichen Schnittstellen des Zusammenlebens, die sich aus einer "Europäischen Idee" ergeben.

Permanente Grenzen

Vergangenen Donnerstag (15.01. - 10.02.) wurde im Open Space die Ausstellung Boundary Signal / Grenzsignal eröffnet, in der sich der Projektraum erstmals mit der Schnittmenge zwischen Bildender Kunst und Musik beschäftigt. Der Projektkurator, Fatih Aydogdu, ebenfalls türkischstämmiger Künstler, der seit Anfang der 1980er Jahre in Wien lebt und seit Beginn beim Kunstraum in der Leopoldstadt mitarbeitet, schreibt in der Presseaussendung: "Die Ausstellung 'Grenzsignal' thematisiert nicht nur den Sound als kommunikative Ebene künstlerischer Strategien, sondern auch als Ausgangsmaterial für Stellungnahmen und Kommentare über das politische Zeitgeschehen."

Gezeigt werden neben zahlreichen internationalen Positionen etwa Arbeiten von Mathias Fuchs, der mit seiner Installation Borderline (2009) die Kartografie Europas als makabere Computerspiel-Simulation präsentiert. Weiters Florian Schmeisers Soundobjekt I don't want to set the world on fire (2009), das mit einem für militärische Zwecke bestimmten Pilotenhelm spielt, oder Arye Wachsmuths Installation Danger! (2006-2009), bei der der in Tel Aviv geborene Künstler elf Dosen schwarzer Sprayfarbe mit Attributen versieht, die ursprünglich aus dem Film Noir stammen.

Kuratorischer Dialog

Das Konzept des Open Space baut in erster Linie darauf auf, unterschiedliche Europäische Räume miteinander in Verbinung zu setzen. Außerdem dient der Kunstraum als Forum für unterschiedliche Formen kreativer Zusammenarbeit, die über die Staatsgrenzen hinausgehen - sowohl im realen Raum, als auch online. Mit Austellungen wie Interface (Februar), On Xenophobia Redux (März) I myself am war! (September), Networked Cultures (Oktober) und Structures of Radicality (Dezember) sowie einem umfangreichen Begleitprogramm erfüllte der Raum bereits in seinem ersten Jahr des Bestehens beharrlich das selbstgesteckte Ziel, eine Art Netzwerk von Netzwerken zu werden.

"Die Frage, welche Ziele ich mit dem Open Space verfolge, hängt damit zusammen, wie man heute generell mit künstlerischen und/oder kuratorischen Mitteln eine kohärente Position beziehen kann." Gülsen Bals Arbeitsweise, sowohl als Kuratorin des Open Space als auch als Künstlerin, spiegelt sich vor allem im prägnanten Programm des Raums wider, der sich im Gegensatz zu anderen Institutionen in Wien ausschließlich mit Zwischenräumen, Phänomenen des Übergangs, Graubereichen - also "Grenzen" jeglicher Natur - beschäftigt.

Kosmopolitische Umgebung

Der Einwand, ein solcher Fokus auf ausschließlich politische Kunst würde zulasten des Abwechslungsreichtums der Ausstellungen gehen, liegt nah. Einem künstlerischen Ansatz folgend, der sich jedoch entlang unterschiedlichster Handlungsfelder immer wieder neu entwickelt, präsentiert der Open Space Projekte, die neben Installationen, Videos, Performances auch Internet-basierte Arbeiten einschließen können. Virtuelle Umgebungen, soziale Netzwerke und die unterschiedlichen Möglichkeiten, nicht nur, aber auch im World Wide Web mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, bedeutet in diesem Fall also auch Grenzen zu überschreiten.

"Als Kosmopolitin hat man die Möglichkeit über die Staatsgrenzen hinaus zu handeln und genau jene Graubereiche zu bewohnen, die landläufig unter 'Grenze' verstanden werden." sagt Gülsen Bal abschließend: "Ich spreche in diesem Fall von Übergangsräumen, die das Potenzial haben, neue Möglichkeiten zu öffnen." Von zahlreichen dieser neuen Möglichkeiten, kann man sich auch im zweiten Jahr des Open Space überzeugen - Blick über die die Grenzen Österreichs hinweg inklusive. (fair)

 

Diesen Artikel auf http://derStandard.at lesen.

© 2009 derStandard.at - Alle Rechte vorbehalten.
Nutzung ausschließlich für den privaten Eigenbedarf. Eine Weiterverwendung und Reproduktion über den persönlichen Gebrauch hinaus ist nicht gestattet.