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Kunstberichte

Ausstellung

Geisterwelten der Bewegung

Wolkig: "Dreamsequence", ein Video von Gast Bouschet und Nadine Hilbert. Foto: Bouschet/Hilbert/Centre d’art Nei Liicht

Wolkig: "Dreamsequence", ein Video von Gast Bouschet und Nadine Hilbert. Foto: Bouschet/Hilbert/Centre d’art Nei Liicht

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Aufzählung Arbeiten zwischen Fotografie, Video und Computer präsentiert das Museum auf Abruf (Musa) derzeit mit "Mutations II: Moving Stills". Anlässlich des dritten Europäischen Monats der Fotografie geht es dabei um aktuelle Veränderungen beim Gebrauch jenes Mediums, das von den meisten jungen Künstlern heute genützt wird.

Der Alcatel-Lucent-Preis wurde dabei dem Finnen Tuomo Rainio verliehen, dessen eigenwillige Bildbearbeitungen Mensch und Stadtlandschaft in einer Geisterwelt einfriert. Die Dämonen, die Rainio ruft, erinnern ein wenig an Marcel Duchamps berühmtes Bild von einem vielschichtigen "Akt, eine Treppe hinuntersteigend" oder an die Versuche, mit Linsenrasterfotografie Bewegung festzuhalten wie von Alfons Schilling in den 60er Jahren.

Explosionen im Barock

Berühmte Bilder der Kunstgeschichte beschwört Ori Gersht aus Israel. Barocke Stillleben entgehen bei ihm allerdings nicht dem "Big Bang": Sie werden beschossen oder explodieren von selbst; beide Effekte lädt Gersht mit Sound gewaltig auf. Weniger dramatisch, aber sehr interessant ist Jutta Strohmaiers Beitrag zu einer hybriden Kunst. Die Österreicherin lässt uns mit den Augen durch digital bewegte "Cutouts" der Natur wandern – oder Tag- und Nachtlicht in einem leeren Zimmer als "Passanger" in Zeitraffer erfahren. Ihr Landsmann Wolfgang Thaler tastet ein altes Schwarzweißfoto mit einem Computerprogramm ab; "Matter of Selection" wiederum macht uns zum Voyeur in Gerald Matts Bibliothek.

Das Thema Überwachung klingt bei vielen Künstlern an, wobei die Russin Olga Chernysheva mit "Windows" – eine nächtliche Erinnerung an die kommunistische Ära – spezielle Spannung aufkommen lässt.

Erstauntes Stammeln

Der Deutsche Christoph Brech lässt ein Stück italienischen Kirchenbodens und einen Dirigentenrücken als Flächen langsam abtasten, wie unter Hypnose: Nüchternheit und Pathos prallen da aufeinander, während bei Peter Aerschmann das Zusammenstückeln von Einzelsequenzen zu einem heiteren Effekt seiner Momentaufnahmen führt: Wir stammeln in Erstaunen.

Aufzählung Ausstellung

Mutations II: Moving Stills

Museum auf Abruf (Musa) Felderstraße 6-8, 1010 Wien bis 31. Jänner

Printausgabe vom Donnerstag, 11. Dezember 2008

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