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29. September 2008
16:30 MESZ

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Gordan Savicic
Constraint City

Ö1 - Talentebörse

 

Zur Person
Gordan Savicic ist aus Bosnien nach Österreich gekommen, seine künstlerischen Wurzeln liegen im Gaming. Studiert hat Gordan Savicic an der Universität für angewandte Kunst in Wien sowie am Piet Zwart Institute im niederländischen Medienkunst Zentrum Rotterdam. Selbst bezeichnet er sich als unabhängiger Elektronik-Fachmann, Entwickler, Vortragender und RealGamer.

 
Schmerz des täglichen Lebens
Beim Projekt "Constraint City" erfährt der in Österreich lebende Medienkünstler Gordan Savicic Virtualität am eigenen Leib - Ein Podcast von CastYourArt

In seiner Arbeit über "Das Informationszeitalter" beschrieb der Soziologe Manuel Castells die Verflechtung von virtuellem und realem Raum in etwa so: Der Raumbegriff der virtuellen Welt ist einer der Ströme und Vernetzungen von Kapital. An seinen Knotenpunkten entstehen im realen Raum rasend schnell Städte, verschieben sich die Ströme und veröden ganze Landstriche. Im virtuellen Raum wird reale Zukunft spekulativ vorverdaut, was nicht schmeckt kommt erst gar nicht in unserer Gegenwart an. Wer in unserer Zeit gedanklich herkömmlichen Raumvorstellungen verhaftet bleibe, für den entwickle sich die Welt als ungreifbarer Zufall, ungerecht und launisch, getrieben von einer Macht, die zu bitten keinen Sinn macht, weil sie ungreifbar bleibt - keine E-Mail Adresse, kein Adressat.

Erzwungene Realitäten

Im Projekt Constraint City, mit dem Gordan Savicic eine "Honorary mention" beim diesjährigen Prix Ars Electronica im Bereich "Interactive Art" erhielt, durchstreift der Künstler eine Stadt und visualisiert die Macht des Virtuellen im Realen, als unmittelbare, auf unsere Körper, unsere Wege, unsere Möglichkeiten und Alternativen durchschlagende Einengung. Ein selbst entworfenes Korsett dient ihm, gemeinsam mit einer WIFI-fähigen Spielkonsole, dazu, elektromagnetische Wellen im Stadtgebiet aufzuspüren. Während einer Stadtwanderung verändert sich der Druck des Korsetts auf den Künstlerkörper, je nachdem wie stark die empfangenen - unsichtbaren - Signale gerade sind. Alltägliche Weg, etwa von zuhause in die Arbeit oder umgekehrt, werden aufgezeichnet und es entsteht - in den Worten des Künstlers - eine "schizogeografische Schmerz-Karte".

Experimentelle Spielräume

Der Träger des Korsetts wird gleichzeitig zum Leser und Schreiber dieser Kartografien, getrieben von Kapital und Kommerz. Ganz nebenbei relativiert der Künstler das von kommerziellen  Spielkonsolenwelten bis zu Second Life vermittelte Märchen von der realen Virtualität als Spielraum. Der virtuelle Raum ist real, er lebt von Besitz, Vermögensanhäufung, Ausschluss und der subtilen Einschränkung des Möglichen auf wirtschaftlich Wünschenswertes. Die Erforschung der virtuellen Welt, nicht im Sinne der Anwendung dessen, was an Möglichem vorgegeben ist, sondern indem Bedingungen des Möglichen verändert werden, ist ein politisches und technisches Experiment. Verwirklicht wird es vom Künstler mit vollem körperlichen Einsatz. (Wolfgang Haas/red)

Ein Beitrag in Kooperation mit CastYourArt

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