diepresse.com
zurück | drucken

13.05.2006 - Kultur&Medien / Ausstellung
Kunst Im Öffentlichen Raum: "Salzburg bleib frei!"
VON ALMUTH SPIEGLER
Hubschrauber gut gestrandet: Holleins "Kontracom" eröffnete.

Wenn diese Bürgerinitiative Erfolg hat, wird Salzburg das, was sich viele zu wünschen scheinen: verschont von zeitgenössischer Kunst. Zu diesem Zwecke können sich erboste Bürger unter dem Schlachtruf "Salzburg bleib frei!" an fast jeder Altstadt-Ecke auf Listen eintragen. Dass sie mit ihrer Unterschrift zum Gegenteil beitragen, wird wohl den wenigsten bewusst werden: Die Aktion ist eine der zehn, im Vorfeld schon skandalisierten Kunst-Interventionen des ersten "Kontracom"-Festivals, subversiv ersonnen vom Schweizer Christoph Büchel.

Für Erregung sorgte vor allem der am Kopf stehende Hubschrauber, den Paola Pivi vor dem Mozartdenkmal stranden lassen wollte. Jetzt liegt dieses "poetische Bild des Scheiterns", so Kurator Max Hollein, am riesigen Residenzplatz - und wirkt innerhalb dieser Dimensionen so zahm, dass es fast wieder ein Jammer ist. Auch der Bretterzaun, mit dem Biennale-Venedig-Vertreter Hans Schabus den freien Blick in den Mirabellgarten verstellt hat, kommt neben der Dauerbaustelle des Mozarteums beinahe unscheinbar daher - dafür ungemein subtil: Macht diese Barriere die urbane Zensur zwischen lieblos als Park- und Anlieferzone des Landestheaters genutztem Vorplatz und idyllischem Barockensemble sichtbar. Dazu bildet der ausfransende Wandabschluss die Tonhöhen der "Demolirer Polka" ab, die Johann Strauss Sohn anlässlich des Abrisses der Wiener Stadtmauer komponiert hat.

Es ist genau dieser frische Blick auf die Barockstadt, der bei allen Arbeiten provoziert werden soll. Was großteils erstaunlich stimmig gelang, wie etwa drei große bunte Kugeln zeigen, die Ayse Erkmen in einer Häuser-Schlucht am Alten Markt aufsteigen lässt und so märchenhaft einen der spärlichen Freiplätze betont. Oder Olaf Nicolai, für den Straßenmaler denkwürdige Zeitungsbilder abmalen, etwa die erste HIV-positive Schönheitskönigin. Markus Schinwald bringt die Zeit aus der Balance, raubte der Rathausuhr mittels vorgeblendeter Schablone eine Stunde. "Elmgreen & Dragset" ergehen sich mit einem wunderschön verzerrspiegelten Kiosk, der Postkarten seiner selbst verkauft, in Stadt-Reflexionen.

Am wenigsten noch überzeugt Knut Asdam, der sich in der Wahl seines Mittels vergriffen hat: Unmotiviert hängt seine kleine Videoleinwand im mit Planen adaptierten Mirabell-Laubengang. Trotzdem. Die "Kontracom"-Premiere hat sich nicht nur Salzburger Applaus verdient. Auch Wien kann ob dieser seit "Graz 2003" größten Kunstaktivität im öffentlichen Österreich-Raum nur neidisch gen Salzach schielen.

Bis 16. Juli; Kunst- und Musikprogramm unter www.salzburg-kontra.com

© diepresse.com | Wien