HOLZFÄLLEN
KERSTIN VON
GABAIN
STEPHAN LUGBAUER
ALBERT MAYR
JOHANN NEUMEISTER
Eröffnung
Donnerstag 25.03.2004, 19.00 Uhr
Ausstellungsdauer 26.03.2004 -
15.05.2004
Öffnungszeiten Dienstag - Freitag, 13.00 - 19.00 Uhr, Samstag
11.00 - 15.00 Uhr
Vier KünstlerInnen loten persönliche Befindlichkeiten aus, die sich
aufgrund ihrer Generation und Herkunft, aufgrund von Gegebenheiten in Wien und
dessen Kunstbetrieb einstellen. Ein erster Hinweis ist der Ausstellungstitel
„Holzfällen“ (Thomas Bernhard), ein zweiter die Rauminstallation: Eine
Neuauflage der „katholischen“ (Kerstin von Gabain, geb. 1979 in Palo Alto /
Kalifornien, lebt in Wien) Sitzecke aus grob gezimmerten Fichtenbrettern
korrespondiert mit einem neo-barocken Kristallluster aus traditioneller Wiener
Produktion. Einrichtungsgegenstände, künstlerisch thematisiert, werden zu
Metaphern für private und kollektive Erfahrungen, symbolisieren soziale
Strukturen und Wertigkeiten. Mit der Gruppierung von Sitzecke und Luster sind
zwei Naturen der Gesellschaft, die Gegenpole Stadt - Land skizziert. Eckbank und
Tisch, hier Symbol für die (ländliche) Provinz, gehören zu unseren Erinnerungen
an die Familie, an die gute Stube, an den Alltag, an
Kommunikationsschwierigkeiten und Interesselosigkeit. Die massiven, klobigen
Holzkörper wirken unverrückbar. Der in einigem Abstand hängende Luster, der
„Fliegenfänger“ (Johann Neumeister, geb. 1976 in Wien, lebt in Wien), lenkt
sofort die Aufmerksamkeit auf sich. Glas und Kristall symbolisieren Reichtum,
Luxus und Dekadenz. Der Luster ist Bedeutungsträger für das gehobene Bürgertum,
die Bildungselite, den Großstadtgeist. Gleichzeitig ist er dekorative Attrappe
und Projektionsfläche. „Die jungen Leute brechen auf in die Hauptstadt und
verunglücken im wahrsten Sinne des Wortes da, wo sie sich alles erhofft hatten,
an der Widerwärtigkeit der Gesellschaft, an der Rücksichtslosigkeit der
Gesellschaft, an der eigenen Natur, die der menschenfressenden Großstadt Wien
meistens nicht gewachsen ist.“ (Thomas Bernhard, Holzfällen, 1984).
Das
Bemühen um Effekte ist ein Thema der großflächigen Wandarbeit. Changierende
Farben gehören gegenwärtig zum bevorzugten Repertoire der Werbegraphik.
Vereinzelte, farbig bemalte Wandflächen sind beliebter Blickfang in
Ausstellungsgestaltungen, ebenso wie im öffentlichen und privaten Bereich, wo
sie eine (fragwürdige) moderne Ästhetik erzeugen sollen. Der hier gemalte
Verlauf ist nicht perfekt. Anstatt eines wechselnden Farbübergangs endet das
grelle Gelb langsam im Nichts. Begriffe wie „Unentschlossenheit,
Entscheidungsschwäche, Inkonsequenz“ (Albert Mayr, geb. 1975 in St. Pölten, lebt
in Wien) werden genannt. Das Video „Youthful Folly“ zeigt einen jungen Künstler
in seinem Atelier, der in „typisch österreichisches Lamentieren“ (Stephan
Lugbauer, geb. 1976 in Feldkirch, lebt in Wien) verfällt und sichtlich in Rage
gerät.
Als ein Statussymbol unserer Zeit wurde ein weiteres Objekt aus dem
Bereich der Inneneinrichtung aufgegriffen, die Küche. Ausschnitte eines
Paradebeispiels modernen Küchendesigns wurden mittels 3D-Programm nachgezeichnet
und sind variierend an die Wand projiziert. Die Normen der Ästhetik und ihr
gesellschaftlicher Kontext werden hinterfragt. Der Titel der Arbeit „Chapel
Street“ bezieht sich auf den Standort der Küche, einem möblierten Mietshaus in
London, Personal und Automobil inbegriffen.
Ein Gegenstand, an dem sich
kulturelle Vorlieben im Wohnbereich festmachen lassen, ist der Vorhang. Das
heimische Geborgenheitsbedürfnis verlangt gerne nach dem Schleiervorhang, um den
Blick zusätzlich abzufangen. Im Galerieraum bricht der Vorhang aus dünnem,
weißem Stoff den strengen Formalismus des White Cube, Ausstellungs- und
Bürobereich sind voneinander abgetrennt. Auch hier geht es um Glanz. Der Vorhang
verdeckt das nicht so Schöne, den Galeriealltag, den Bereich hinter der
Kunstbühne. Als Material wurde ein Futterstoff gewählt, was weitere
Assoziationen - Weiblichkeit, Körperlichkeit, Intimität - zulässt und sich vom
Kontext Thomas Bernhard löst. Mit zarten Fäden ist dennoch HOLZFÄLLEN eingenäht.
„Wald, Hochwald, Holzfällen, das ist es immer gewesen.“
Mit freundlicher
Unterstützung von BAKALOWITS Licht Design GmbH.