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17.07.2003 - Ausstellung
Wilde Mischung im Rettungsboot
Neue Galerien, erster Teil eines Überblicks: Die Wiener Galerien Himmelpforte und Sauruck mischen Junges mit Gediegenem.
VON ALMUTH SPIEGLER


Allen Unkenrufen Mitte der 90er Jah re zum Trotz floriert die österreichi sche Galerienszene heute prächtig - sei es im internationalen oder im persönlich motivierten Kleinstbereich. 27 Eröffnungen verzeichnet allein der nur seine Mitglieder berücksichtigende Verband österreichischer Galerien moderner Kunst in den vergangenen fünf Jahren. Nach einem Aufschwung Ende der Neunzigerjahre, als eine jüngere, sich in Schleifmühl- und Eschenbachgasse ballende Galeristengeneration verstärkt internationalen Wind nach Wien brachte, entstanden auch in den vergangenen zwei Jahren immer wieder engagierte Projekte. Trotz kritischer Wirtschaftslage selbst heuer.

Mit "viel Mut und Enthusiasmus", erzählt Karin Schindler, verwirklichte sie mit der Malerin Alicia Sancha ihren Traum einer Galerie in der Wiener Himmelpfortgasse. Vor etwa hundert Tagen zog in die frisch renovierten Kellergewölbe des ehemaligen Benefiziatenhauses des Wiener Stadtmagistrats die "Galerie Himmelpforte" ein. Auf 450 Quadratmetern und zwei Ebenen soll figurative Malerei präsentiert werden. Zur Zeit läuft bereits die dritte Ausstellung: 16 Künstler stellen zum Thema "Arche, Narrenschiff und der Nachen des Charon" aus. Eine etwas wilde Mischung junger und etablierterer Kunst, ganz nach dem Konzept der Galerie. Dementsprechend schwanken auch die Preise stark - zwischen 1000 und 9000 Euro. Einige gewohnt grelle Bilder von Robert Zeppel-Sperl sind noch Relikte der Eröffnungsausstellung der Gruppe "Wirklichkeiten". Neoimpressionistische Sujets, mehr fürs bürgerliche Wohnzimmer, kommen vom Maler und renommierten Restaurator Erhard Stöbe.

Doch zwischen gediegen-konservative Künstler mischen sich auch überraschende Entdeckungen wie vor allem die junge, 1970 in Kleinasien geborene Malerin Esin Turan. Ihr in der Mitte durchgeschnittenes Rettungsboot, gefüllt mit zahllosen Papierschiffchen, dominiert fremdartig das untere Galeriegeschoß. "Boot im Hinterhof. Emigration einmal anders" bezieht sich auf die Zeit zwischen 1892 und 1924, als 17 Millionen Menschen vor ihrer Einreise in die USA auf Ellis Island von den Behörden festgehalten und kontrolliert wurden. Um 4800 Euro schlingert die Zille in den eigenen Hinterhof. Boote haben es auch dem 35jährigen Maler Leo Hainzl angetan, der sie in düstere, bedrohliche Situationen navigiert. Alles in allem eine hübsch durchdachte, manchmal ins Geschmäcklerische abdriftende Themenausstellung. Für September ist eine Personale des holländischen Objektkünstlers Nicolas Dings geplant.

Einige Straßen weiter eröffnete vor vier Monaten ein ungleiches Gespann aus Graz die Galerie Sauruck am Lobkowitzplatz 3. Gemeinsam mit Teppichhändler Gebhard Blazek lässt Kunstsammler und Unternehmer Peter Sauruck in drei kleineren Räumen zeitgenössische Malerei und alte Berberteppiche miteinander reagieren. Ein Engagement, das in erster Linie jungen, unbekannteren Künstlern eine Chance geben soll - derzeit Eva Pliem, die neben ihren zarten abstrakten Bildern (1900 bis 3800 Euro) auch Wände und Fassade der Galerie - ziemlich gewöhnungsbedürftig - in ihre Farben getaucht hat.

Nächste Woche im Kunstmarkt: Neue junge und internationale Galerien in Wien.



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