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Da gehen einem schier die Augen über

Die Ausstellung mit Arbeiten von Jeff Koons wird heute im Kunsthaus Bregenz eröffnet

Bregenz (VN-ag) Jeff Koons rief - und sie kamen alle. Der Medienansturm auf das Kunsthaus Bregenz war wohl noch nie so groß wie in den vergangenen Tagen. Heute Abend ist es endlich so weit und die lang und mit Spannung erwartete Ausstellung des amerikanischen Superstars wird eröffnet. "Easyfun" nennt sich die Schau, die unbeschwertes Vergnügen und Genuss verspricht.

Wer die spröden, grauen Bilder von Günther Förg aus der letzten KUB-Ausstellung noch im Kopf hat, dem werden in der aktuellen Schau von Jeff Koons (geboren 1955) förmlich die Augen übergehen. Keine endzeitlich angehauchten Künstlervisionen, sondern für einmal ist Eintauchen in eine bunt-optimistische Welt, die Genuss ohne Reue verspricht und die freudespendenden Dinge des Lebens zum Greifen nahe holt, angesagt. Mit verlockend angebotenen Artikeln des Konsums und hochglanzpolierten Oberflächen startet Jeff Koons seine offensiv vorgetragene Verführung des Auges.

Österreich-Premiere

Zugegeben, die Schau ist schon eine Sensation: Mit 21 großformatigen Werken aus insgesamt drei Werkserien, entstanden in den Jahren 1995-2001, zeigt das Kunsthaus Bregenz nicht nur die umfangreichste Ausstellung von Jeff Koons seit der großen Retrospektive von 1992, sondern auch die erste Einzelausstellung des Künstlers in Österreich.

Das Herzstück - auf jeder Etage wird eine Werkgruppe für sich präsentiert - bilden die sieben Spiegel und zwei Gemälde der Serie "Easyfun" im 2. Stock. Die glänzenden Oberflächen der Spiegel sind den Umrissen von Kinderspielzeug nachempfunden, in jeweils einer anderen brillanten Farbe gehalten und ergeben in Kombination mit den beiden Ölbildern reizvolle Ansichten und Überschneidungen von Betrachter und Raum. Mit "Easyfun" (gibt es auch Hardfun?) befreite sich Koons aus selbst auferlegten Grenzen und wollte eine Geste setzen: "Die Arbeit wollte so frei sein und so ungestüm wie die Verpackung von Frühstücksflocken."

Noch stärker auf den begehrlichen Blick aus der Kinder- , aber auch aus der Erwachsenenwelt zugeschnitten sind die Gemälde der "Celebration"-Serie, an der Koons seit 1992 arbeitet.

Vertrauen in die Kunst

"Celebration handelt von Hoffnung, von der Zukunft und dem Respekt vor der Menschlichkeit. Die Bilder haben etwas von einem Malbuch an sich, eine Art simplizistische Qualität. Sie sind bunt und sehr pop. Sie haben eine unschuldige Aura", so der Kommentar von Koons. In den fotorealistischen, überdimensionalen Darstellungen von Bildern, die jeder kennt wie ein Armband, ein Ballon in Hundeform oder eine lila Geschenksmasche, kommt am ehesten jener Pragmatismus zum Tragen, dass Koons nicht nur Kunst für die Insider der Szene macht, sondern sich hinter den perfekten Oberflächen, zwischen Schein und Widerschein eine Botschaft für das Publikum bereit hält, die da lautet: Trust - Vertrauen. Vertrauen in die Kunst oder Vertrauen in massetauglichen, bekömmlich aufbereiteten Kitsch, der weder psychologisch behaftet noch durch kritische Aussagen verunreinigt ist? Auch wenn das Wort in Zusammenhang mit seinem Werk immer wieder fällt: Kitsch interessiere ihn nicht, sagt Jeff Koons, die Dinge, mit denen er arbeite, hatten vielmehr eine gewisse Aura des Vertrauten, des Familiären.

So kann die viel zitierte Packung Cornflakes den Künstler noch immer zu Begeisterungsstürmen hinreißen. Kitsch hin, Kunst her, vielleicht geht in den ätherischen, collageartigen, am Computer gemixten und montierten Arrangements von "Easyfun - Ethereal" im obersten Geschoss des Kunsthauses etwas von dem davor gefassten Vertrauen verloren. Zu viele, zu schöne, zu saubere und zu makellose Dinge - vom Bikinioberteil über ein Bauchnabelpiercing, eine Schöpfkelle voll Suppe bis hin zu Maiskörnern und grünen Bohnen - tummeln sich in diesen angestrengt surrealistisch anmutenden, neuesten Bildwelten von Jeff Koons und hinterlassen einen ambivalenten Eindruck.

Die schöne Einfachheit der davor gezeigten Wohlfühlwelten geht hier verloren, so als wollte man das Lächeln, das die Bilder erzeugen, zu definieren versuchen.

Jeff Koons: Aura des Familiären. (Foto: Hofmeister)

Die Bilder haben etwas von einem Malbuch an sich, eine Art simplizistische Qualität. Sie sind bunt und sehr pop. Sie haben eine unschuldige Aura.

JEFF KOONS

Sex, Kitsch, Modernität

Seine ersten Kunstwerke finanzierte sich Jeff Koons mit einer Tätigkeit als Börsenmakler an der Wall Street.

Mit ästhetischen Inszenierungen von Haushaltsgeräten, Staubsaugern und Töpfen wurde er in der New Yorker Szene erstmals berühmt, bevor er in den 80er Jahren zum Shooting-Star avancierte.

In Figuren aus hochglanzpoliertem Edelstahl und rokokoartigen Porzellanbüsten von postmodernen Ikonen wie Michael Jackson oder Pink Panther lebt Koons sein Interesse an Trivialkultur und einer Mischung aus Sex, Kitsch und Modernität aus.

Die kontroversen Diskussionen um Koons gipfelten 1991 in der Serie "Made in Heaven", als sich Koons mit der italienischen Pornodarstellerin Illona Staller alias Cicciolina zusammentut und die Beziehung in einer Werkreihe zum Gegenstand seiner Kunst macht.

Nachdem es in den vergangenen Jahren still geworden ist um Jeff Koons, erlebt der Künstler derzeit mit neuen Werkserien ein Comeback.




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