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24. Jänner 2007
13:39 MEZ
Fotos: STANDARD/Urban, Cremer, Fischer, Hendrich
"Wir haben einen großen Veränderungsschub hinter uns": Franz Morak von 2000 bis 2006.

Alles erledigt. Wirklich alles? - Der Kunststaatssekretär wird 60
Die Regierung hatte sich im Kunstbereich viel vorgenommen - und blieb vieles schuldig: Franz Morak macht sich dennoch ein nettes Präsent - Analyse von Thomas Trenkler

Der Staatssekretär behauptet keck, dass "alles erledigt" sei...


Vor wenigen Tagen meinte Franz Morak, seit sechs Jahren Staatssekretär für Kunst und Medien, im Interview mit der APA anlässlich seines 60. Geburtstages, den der Ex-Burgtheaterschauspieler diesen Donnerstag feiert, selbstzufrieden: "Was im Koalitionsabkommen steht, ist alles erledigt. Wir haben einen großen Veränderungsschub hinter uns."

Das klingt zwar ziemlich toll. Aber hält die Behauptung einer kritischen Befragung stand? Unter Stößen von Papier hat sich das Regierungsprogramm 2003-2006, auf das sich Morak bezieht, doch noch finden lassen. Das Kapitel "Kunst und Kultur" beginnt mit einem großen Satz: "Die in der Verfassung verankerte Freiheit der Kunst bedeutet den Auftrag, dafür Sorge zu tragen, dass sich Künstlerinnen und Künstler in einem pluralistischen Dialog frei entwickeln können."

Bereits an diesem Satz ist der Staatssekretär gescheitert. Zur Erinnerung: Peter Marboe hatte als Wiener VP-Kulturstadtrat die Containeraktion Ausländer raus von Christoph Schlingensief gegenüber der Kronen Zeitung verteidigt. Franz Morak hingegen meinte Ende letzten Jahres, dass die kritischen EU-Plakate auf den Rolling Boards, gegen die das Dichand-Blatt im Schulterschluss mit der SPÖ zu Felde zog, "sexistisch" seien und die Menschenwürde verletzen würden. Ihn kümmerte auch nicht, dass der "pluralistische Dialog" in Zensur mündete.

Weiter im Text: "Steuerliche Maßnahmen sollen zur Belebung des Kunstmarktes, des Kunstsponsoring und zur Erhaltung des kulturellen Erbes Anreize schaffen." Morak hat zwar eine neue Galerienförderung eingeführt, die sich bewährt (Museen werden stattliche Beträge für Ankäufe in Galerien zur Verfügung gestellt), die steuerliche Absetzbarkeit von Kunstankäufen aber gibt es nach wie vor nicht.

Es kam nur, wie im Programm angekündigt, zu einer "Prüfung" der ökonomischen und fiskalischen Effekte. Und obwohl die Studie äußerst positiv ausfiel, setzte sich Morak (wie vor ihm schon Exkunstminister Rudolf Scholten) nicht durch. Er musste, wie er in einem Interview meinte, "zur Kenntnis nehmen, dass der Finanzminister weiterhin sagt: Die Absetzbarkeit ist nicht Teil unseres Systems. Denn wir verteilen die Mittel von oben nach unten. Die steuerliche Absetzbarkeit wäre daher ein Systembruch."

Es kam zwar zu einer "Ausweitung der Filmförderung im Rahmen der budgetären Möglichkeiten" und zu einer "Novelle zum Filmförderungsgesetz", auch die "kulturellen Beziehungen zu den EU-Kandidatenländern und zu den Ländern Südosteuropas" wurden verbessert (z. B. bei Kulturministertreffen), von einer "verstärkten Unterstützung regionaler Kulturinitiativen" wie auch "der Kinder- und Jugendkultur" hat die Öffentlichkeit aber nicht viel mitbekommen: Das Budget für "regionale Initiativen und Kulturzentren" z. B. stieg zwischen 2003 und 2005 um bloß drei Prozent - von 4,22 auf 4,35 Millionen Euro.

Auch die "vorrangige Förderung zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler, insbesondere deren internationale Präsenz" ist kaum feststellbar. In seinem Bericht zur Kulturfinanzierung des Bundes 2004 stellt das Institut für Kulturmanagement und Kulturwissenschaft zusammenfassend fest, "dass die Kulturausgaben des Bundes vor allem in die Erhaltung von Strukturen und Großinstitutionen fließen und nur zum kleinen Teil in Einzelprojekte und in die freie Kulturszene". Morak musste einbekennen: "Es stimmt natürlich: Wir stecken sehr viel Geld in die darstellende Kunst. Der barocke Auftritt, das Theater, die Oper: Das ist eben ein zentrales Erlebnis des Österreichertums."

Doch selbst die "Sicherung der finanziellen Grundlagen der Bundestheater" (wie der Bundesmuseen, für die Bildungsministerin Elisabeth Gehrer zuständig ist) war ein leeres Versprechen. Denn es stand - und steht weiterhin - eine Erhöhung der Basisabgeltungen an. Aber nicht einmal die Inflation wurde abgegolten. Es konnte gar nicht anders als zur angekündigten "Optimierung der Ressourcen" kommen - samt den negativen Begleiterscheinungen:

Volksoperndirektor Rudolf Berger wird Wien vor der Zeit, verlassen, weil er angesichts fehlender Mittel nicht die Qualität bieten kann, die ihm vorschwebt. Obwohl sich doch die Regierung vornahm: "Das hohe internationale Niveau unserer Bundestheater, Festspiele und Bundesmuseen ist sicherzustellen."

Zu guter Letzt noch ein Wort zur Verwaltung: Von einer "Erhöhung der Zustimmungsgrenzen des Finanzministeriums im Rahmen der Kunstförderung" ist nichts bekannt geworden. Die "Schaffung dreijähriger Förderverträge nach Erstellung eines Kriterienkatalogs" blieb scheinbar Absichtserklärung. Und "Verbesserungen bei der Mittelvergabe im Rahmen der Kunstförderung" gab es höchstens in Bezug auf die Geschwindigkeit (dank des elektronischen Akts), nicht aber hinsichtlich der Transparenz: Die Kunstberichte von Morak erklären kaum mehr als jene seines Vorgängers Peter Wittmann (SPÖ). Und über viele Vorgänge (beispielsweise über die Verhandlungen mit Francesca Habsburg über eine stattliche Subvention) würde man gerne mehr erfahren.

Weil sich Franz Morak aber als Sisyphus sieht, der ein glücklicher Mensch gewesen sei, wird der Staatssekretär wohl noch öfter behaupten: "Was im Koalitionsabkommen steht, ist alles erledigt." Eines hat sich aber in der Tat erledigt: Nach einer recht herben Kritik des Rechnungshofes wird Moraks Geburtstag nicht mehr auf Kosten des Steuerzahlers im Kunsthistorischen Museum gefeiert. (DER STANDARD, Printausgabe, 24./25.5.2006)


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