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Absage an den elfenbeinernen Turm

Manager, Wissenschafter und Unterhalter: Gert Ammann, seit 18 Jahren Direktor des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum.

TT: Die Wiedereröffnung des Ferdinandeums steht vor der Tür. Läuft alles nach Plan?

Ammann: Die Neuaufstellung der Sammlung geht zügig voran. Bis zum 13. Mai, der offiziellen Wiedereröffnung, wird sogar die Beschriftung der Objekte fertig sein.

TT: Was ist neu am neuen alten Tiroler Landesmuseum?

Ammann: Das neue alte Ferdinandeum signalisiert durch seine durch die neue Architektur vorgegebenen Aus- und Durchblicke totale Offenheit. Auch bezüglich unserer Sammlungen. Deshalb war es uns auch wichtig, dass die für die Wechselausstellungen vorgesehene Art-Box mitten im Haus liegt, zum Herzstück des Hauses wird. Früher haben viele Besucher unsere Sonderausstellungen im Erdgeschoß besucht, das übrige Haus aber links liegen gelassen. Durch eine intensive Vernetzung aller musealen Bereiche soll dies in Zukunft anders werden.

TT: Die Ausstellungsfläche hat sich durch den Neubau fast verdoppelt. Was wird dort geschehen?

Ammann: Im Rahmen der Modernen Galerie haben wir nun die Möglichkeit zu experimentieren, immer wieder Neues zu präsentieren. Mehr Flexibilität, Mobilität soll überhaupt die Zukunft des Landesmuseums prägen, inhaltlich wie räumlich.

TT: Die neue räumliche Transparenz macht vielleicht zum ersten Mal dem "normalen" Besucher deutlich, was das Ferdinandeum alles ist.

Ammann: Wir waren immer als reines Kunstmuseum abgestempelt. Und das sind wir halt einfach nicht. Wir haben sieben Sammlungen, von der Urgeschichte über die Musikaliensammlung und die Bibliothek bis zur Modernen Kunst. Und das ist auch unsere Stärke.

TT: Größte Gewinnerin des Umbaus wird aber die Moderne sein?

Ammann: Bisher war die moderne Kunst aufgeteilt, nun kann alles geschlossen auf mehr als 500 Quadratmetern auf einer Ebene präsentiert werden.

TT: Die neue Hängung geschieht nun nicht mehr streng chronologisch, sondern thematisch orientiert?

Ammann: Die große Chronologie wird schon beibehalten, allerdings innerhalb der einzelnen Epochen auf jeweils
charakteristische Themen bezogen.

TT: Die Pläne Innsbrucks für ein Haus der Kunst schwirren nun wieder im Raum. Haben Sie Angst vor dieser Konkurrenz?

Ammann: Ich kenne das Konzept für dieses Haus der Kunst nicht. Wir hätten jedenfalls keinerlei Problem mit so einem Kunsthaus. Wir sind offen für Kooperationen. Konkurrenz ist gut, das einzige Problem sehe ich beim Publikum. Dieses wird nicht mehr und diesbezüglich befürchte ich eine Art Überforderung.

TT: Das Landesmuseum wird es sich aber nicht nehmen lassen, moderne Kunst zu sammeln.

Ammann: Das ist unsere Aufgabe. Wir lassen uns sicher nicht die Nabelschnur zur Zukunft abschneiden. Das Ferdinandeum war in jeder Phase seines 180-jährigen Bestandes ein modernes Museum. In seiner Gründungsphase wurden Zeitgenossen wie Joseph Anton Koch gesammelt, Anfang des 20. Jahrhunderts Nikodem und Egger-Lienz. Und das muss so bleiben.

TT: Die Besucherfrequenz ist in allen Museen rückläufig. Was kann man tun, um Besucher ins Haus zu locken?

Ammann: Den elfenbeinernen Turm haben wir schon lange verlassen und das ist auch gut so. Die Präsentation und besonders die Vermittlung werden immer wichtiger. Die Wissenschaft und die Öffentlichkeitsarbeit sind für mich von absolut gleicher Wertigkeit. Die Leute wollen informiert, vielleicht auch unterhalten werden. Einem gewissen Eventcharakter kann sich auch ein Haus wie unseres nicht verschließen. Wir sind Teil einer Gesellschaft und wir brauchen auch die Gesellschaft.

TT: Andere leben vor, wie man mit populären Ausstellungen Quote machen kann. Eine Möglichkeit für Sie?
Große Namen

Ammann: Nicht wirklich. Selbst in unserer großen Eröffnungsausstellung locken wir nicht nur mit großen Namen. Aber natürlich verlangt der Besucher die Highlights. Solche Ausstellungen helfen aber auch beim Finden von Partnern auf Sponsoren- wie Leihgeberseite. Nächstes Jahr werden wir Claudia von Medici eine große Schau widmen.

TT: Das Landesmuseum muss aber auch die lokalen Künstler bedienen.

Ammann: Ja, auch das ist eine unserer Aufgaben und dafür haben wir nun endlich räumlich die entsprechenden Möglichkeiten.

TT: Ein so großes Museum braucht auch entsprechende Mittel. Hat das Ferdinandeum diese?

Ammann: Wir hoffen, dass die finanzielle Ausstattung durch unseren Partner Land Tirol mindestens so bleibt wie bisher. Unsere Aufgabe aber wird es sein, mehr Mittel als bisher selbst hereinzuspielen bzw. durch Sponsoren aufzutreiben. Leicht wird dies nicht sein.
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Das Gespräch führte Edith Schlocker
2003-05-02 13:42:26