Robert Smithson: Filme, Texte, Zeichnungen

 

 

 

 

Hemma Schmutz hemma schmutz hemma schmutz

 

 

Kunsthalle
Wien
24.11.2000 - 25.2.2001

 

Er hatte eine gehörige Portion Humor. Und Distanz zu sich selbst, um ein Zauberwort zu bemühen. Etwas, das vielleicht durch seine Stilisierung und Heroisierung zum Paradekünstler der Land Art, etwa durch den Abdruck seiner »Spiral Jetty« (1970) auf dem Cover beinahe jedes Überblickwerks, in der allgemeinen Wahrnehmung verloren gegangen war. Wenn Robert Smithson und Nancy Holt in »East Coast – West Coast«, der Videoaufzeichnung eines inszenierten Interviews, die Positionen der intellektuellen und des instinktiven Künstlerin/Künstlers einnehmen, sind ihnen die Lacher sicher. Zu oft hat jede oder jeder selbst ähnliche Situationen erlebt, wo in Diskussionen über künstlerische Belange »G‘fühl« und »G‘spür« gegen Systeme und Kontexte ausgespielt wurden. Und sie machen das auch wirklich gut, mit beträchtlichem schauspielerischen Talent. Da zieht Robert Smithson über das verrottete, korrumpierte, intellektualisierte New York her und preist die olfaktorischen Qualitäten des kalifornischen Westens – wo man das Gras noch riechen könne. Nancy Holt wiederum lässt sich nicht blenden, obwohl Smithson in seiner Rolle ziemlich gut rüberkommt, quasi in sich ruht. Gnadenlos führt sie ihm seine Naivität, die bewusste Wissensverweigerung und Inkonsequenz vor Augen. Es macht wirklich Spaß, ihnen zuzuschauen.
Es ist auch von Vorteil, quasi mit der Brille dieses Videos durch die Ausstellung zu gehen. Es nimmt ihr die Schärfe und stimmt einen versöhnlich, wenn man an Stellen gelangt, wo das Umkippen in Kitsch nur mehr eine Frage von Nuancen ist. Besonders die späten geometrischen Land Art-Arbeiten wie »Spiral Jetty«, »Broken Circle Emmen« (1971) und »Amarillo Ramp« (1973), die erst nach seinem Tod von seiner Frau sowie Richard Serra und Toni Shafrazi ausgeführt wurde. Die Texte etwa zu »Spiral Jetty« liegen hart an der Grenze, sich in einem Abfeiern von Naturschönheit, dem formalen Rückgriff auf indianische Vorbilder oder der Behübschung von durch Industrie »zerstörte« Landschaften zu erschöpfen. Kein billiges »Zurück-zur-Natur« oder der Romantizismus des Stadtflüchtlings kann der Motor für diese Arbeiten gewesen sein, wenn man die Parodie allzu einfacher dichotomischer Künstlermodelle im Auge behält.
Wenn man sich fragt, was nun der wahre Smithson wäre oder was er eigentlich wollte, dann ist diese Frage wahrscheinlich falsch gestellt. Vielleicht muss man einfach akzeptieren, dass auch in einem relativ übersichtlichen und durch den frühen Tod jäh beendeten Lebenswerk eine Arbeit nur vor dem Hintergrund der anderen – und in diesem Fall die künstlerischen Werke nur vor dem Hintergrund der theoretischen Schriften – gelesen werden können, wobei die Widersprüche nicht wegkaschiert werden müssen, sondern im Gegenteil diese erst ein lebendiges Bild zum Vorschein bringen.
Bei näherer Beschäftigung mit seiner Arbeit wird klar, dass es ihm eigentlich immer um eine Art Klammer gegangen ist, um ein Verweissystem oder ein Beschreibungsmodell, bei dem es zwischen dem Menschlichen und dem Natürlichen kein Erstes und Ursprüngliches gibt. In einem Gespräch mit Heizer und Oppenheim sagt er: »Ich glaube nicht, dass wir uns mit der Materie im Sinne einer Zurück-zur-Natur-Bewegung beschäftigen. Für mich ist die Welt ein Museum. Durch die Fotografie ist die Natur überholt.« Smithsons Modell des »Site« und »Non-Site« ist eine Möglichkeit, diese Klammer darzustellen. In der Galerie, im Museum wird ein Verweis auf eine außerhalb liegende Wirklichkeit ausgestellt. Dies können Karten oder auch Gesteinsproben einer bestimmten Gegend sein, die eher das Ungenügen unserer Beschreibungsmodelle sichtbar werden lassen als wirklich die Natur repräsentieren oder darstellen zu wollen. Auch seine künstlerischen Zeitschriftenprojekte beschäftigen sich mit Fragen der Bezeichnung und des Verweises. In »The Domain of the Great Bear« (1966) etwa wird die Unzulänglichkeit der Darstellung des Universums im New Yorker Hayden Planetarium kritisch untersucht, und in »The Monuments of Passaic« (1967) findet er Monumente in der Umgebung seiner Heimatstadt, die nur durch sein Fotografieren und die Nennung als Denkmäler zu solchen gemacht werden.
In diesem Sinne ist auch Nancy Holts Schenkung der »Spiral Jetty« an das New Yorker Dia Center for the Arts beinahe als eine weitere Arbeit von Robert Smithson anzusehen. Die seit Jahren nicht mehr sichtbare Mole wird durch diesen Akt wieder in den Zustand eines physisch präsenten Kunstwerks gehoben. Auch wenn sich das nur in den Bildunterschriften manifestiert: »Collection of The Dia Center for the Arts«.

 

   

 

 

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