Die österreichische Künstlerin Luisa Kasalicky
und ihre Malerei jenseits der Leinwand
Malerei erobert den Raum
|
Schärft in ihren Arbeiten den Blick für oft Unbemerktes und lenkt die
Aufmerksamkeit auf Alltägliches: Luisa Kasalicky. Foto: Ilse Haider
|
Von Manisha Jothady
Eine junge
Malerin sprengt die Grenzen des Bilderrahmens.
Ab Donnerstag ist ihr die erste Einzelschau in
der Bawag gewidmet.
Wien. Sie habe es nicht so mit
Trash-Ästhetiken, meint Luisa Kasalicky, die in den vergangenen Tagen
mit dem Aufbau ihrer Ausstellung in der Bawag Contemporary beschäftigt
war. Dabei haftet den Materialien, welche die Künstlerin für ihre
raumgreifenden Arrangements verwendet, oftmals das staubige Odeur von
Baustellen an. Ziegelsteine, Dachpappen, Fließen, Parkett, Metallstangen
und überspachtelte Styroporteile bilden unter anderem die Versatzstücke
für ihre erste institutionelle Solopräsentation in Österreich.
Was im Vorfeld der Eröffnung noch wie eine sperrige Ansammlung von
Heimwerkerbedarf aus dem Baumarkt anmutete, wird ab morgen Abend als
klar durchstrukturiertes Gesamtkonzept nachvollziehbar.
Utensilien aus dem Baumarkt
Luisa Kasalicky, Jahrgang 1974, hat an der Akademie der bildenden
Künste Malerei studiert. Farbe, Pinsel und Leinwand hat sie in den
letzten Jahren jedoch weitgehend durch Utensilien eingetauscht, die sie
in Baumärkten und Second-Hand-Läden findet, um daraus Skulpturen,
Installationen und Wandarbeiten zu schaffen. Dennoch versteht sie sich
vorderhand als Malerin. Denn auf welche Fertigwaren auch immer sie
zurückgreift, stets sind es Kriterien wie Farbe und Textur, die
ausschlaggebend für die Auswahl sind. "Ich interessiere mich für den Mix
unterschiedlicher Ästhetiken", sagt die gebürtige Tschechin, die mit
zehn Jahren nach Österreich kam.
Dementsprechend eigenwillig fügen sich harte und weiche Materialien
aneinander, setzen ein farbliches Spektrum frei, das von Rosa über
Hellblau, Türkis, Weiß, Schwarz bis hin zu metallenen Farbtönen und
stumpfen Couleurs reicht. Malereiverwandt ist auch der kompositorische
Aufbau von Kasalickys Arbeiten. Wie in den Raum transferierte Gemälde
wirken sie, erinnern dabei vielfach an die berühmten "Prouns" von El
Lisitzky. Denn die für den russischen Konstruktivisten so kennzeichnende
rhythmische Gliederung geometrischer Formen, das Überschneiden und
Entgegensetzen vertikaler, horizontaler und diagonaler Blickachsen kommt
auch bei Kasalicky zum Tragen.
Etwa dann, wenn in einer ihrer früheren Arbeiten ein Rankgerüst als
Verbindungsglied für zwei Stelen aus bemaltem Restholz fungiert, die zu
kippen drohen. Dem malerischen Blick geschuldet scheint auch die
Verwendung sich überlappender hellblauer Teppichreste, die sie 2008 in
eine Installation für das Österreichische Kulturforum in London
integrierte.
Wie dynamische Pinselstriche nehmen sie sich innerhalb des insgesamt
auf geometrische Formen konzentrierten Ensembles aus. Die von der
Künstlerin vielerorts an die Wand applizierten Dämmplatten und Fließen
scheinen dagegen mit der Sprache des Minimalismus zu korrespondieren.
Von diesem hat Kasalicky auch das Prinzip der Wiederholung und
Rekombinierbarkeit einzelner Versatzstücke übernommen. Dementsprechend
variantenreich dekliniert sie die einzelnen Bausteine ihrer Kunst durch,
erweitert oder reduziert bereits Gefertigtes, um es stets den
jeweiligen architektonischen Bedingungen des Ausstellungsraumes
anzupassen.
Kritik am gängigen Bildformat
Mit ihrer Auffassung von einer Malerei, die den Raum erobert, betritt
die Künstlerin kunsthistorisch betrachtet keineswegs Neuland. Seit den
1950er Jahren formulieren Kunstschaffende unterschiedlicher Strömungen
immer wieder ihre Kritik am traditionellen Bildformat. Kasalickys
künstlerische Praxis mag sich daher durchaus auf eine Tradition berufen.
Allein die Reduktion ihres Schaffens auf bereits etablierte Stile und
Strömungen würde den Blick auf jene stillen Erzählungen verstellen, die
in ihren Malerei-Installationen tief verborgen sind.
Es sind Erzählungen, die unsere Aufmerksamkeit für oft Unbemerktes
schärfen, unseren Blick auf Alltägliches lenken, auf kreisförmige Muster
zum Beispiel, die man auf Thonetstühlen sieht, auf Blechtüren, auf
Lautsprechern und demnächst auch in einer Ausstellung.
Website
Luisa Kasalicky
Printausgabe vom Dienstag, 08.
Februar 2011
Online seit: Montag, 07. Februar 2011 16:43:07