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Das Wagner-Werk-Museum zeigt mit der Schau "cubiCZismus!" raffinierte Winkelwucherungen aus Prag

Geknickte Möbel aus Trapezen

Verwinkeltes, verwirklicht in Prag: Ein Mietshaus in der Neklan-Straße von Josef Chochol (1913).

Verwinkeltes, verwirklicht in Prag: Ein Mietshaus in der Neklan-Straße von Josef Chochol (1913).

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Aufzählung Das Jahr der grenzüberschreitenden Kunstprojekte zwischen Tschechien und Österreich bringt die prominentesten Exponate des 20. Jahrhunderts aus dem Prager Kunstgewerbemuseum nach Wien. Im Hauptsaal der PSK ist dieser Tage der spitze Winkel eingekehrt: Diagonalen durchteilen nun das eigentlich streng geometrische Raster der Funktionalität des ersten Architekten der Moderne, Otto Wagners.

Mögen sich hier auch visuelle Kontraste ergeben, sind zugleich doch einige Gemeinsamkeiten zu verzeichnen – und das nicht nur historischer Natur, sondern auch hinsichtlich der Abstraktion. Die Wiener Absage an Beiwerk und künstlerisches Gestalten in der Architektur löste nämlich bei den tschechischen Wagner-Schülern Jan Kotìra und Pavel Janák offenbar eine Gegenreaktion aus.

Kubismus als Gefäß tschechischen Geistes

An der Prager Akademie hat Kotìra als Architekturprofessor seinen Kollegen Janák aus der Wagner-Klasse und seinen Schüler Josef Goèár weg von der Fläche und der Funktion hin zu kristallinen dreidimensionalen Formen gelenkt.

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Pompöse Geometrie, geboren aus tschechischem Geist: Pavel Janaks Entwurf eines monumentalen Interieurs aus dem Jahr 1912. Fotos: UPM-Kunstgewerbemuseum Prag

Dahinter stand auf der einen Seite die Suche nach einem eigenen Nationalstil, auf der anderen der Einfluss des französischen Kubismus in Skulptur und Malerei. Die Zerlegungen durch Diagonalen und Dreiecke sowie der Glaube an einen – Tschechien entsprechenden – "Geist" einer neuen Gotik veränderte die Architektur bis zum Rondokubismus um 1920.

Janák entwickelte, durchaus auch theoretisch fundiert, mit Goèár und seinen Kollegen vom Künstlerverein Mánes, Vlastislav Hofman und Josef Chochol 1915 die "Èechischen Bestrebungen um ein modernes Interieur". Was in jenen Tagen noch als ein neuer Stil galt, bekam bald das Etikett "tschechischer Kubismus" verliehen.

In diesen Stil wurde auch das Kunstgewerbe miteinbezogen, und so findet sich jene tschechische Antithese auf die Wiener Moderne und deren Werkstätten ebenso in Kleiderstoffen wie auf Plakaten, in Form von Möbeln, Geschirr und Metallarbeiten.

Im Wagner-Werk-Museum werden die auf Podesten oder in Vitrinen situierten Objekte mit Entwürfen, Fotografien und Wandtafeln zu einer fantastischen Schau kombiniert. Die Exponate, die auch das Museum für angewandte Kunst schon seit geraumer Zeit präsentieren wollte, wirken vor allem durch ihre Opposition zu Otto Wagners Formen aus Glas und Aluminium.

Manierismus der vielfältigen Winkel

Mancher Sessel von Vlastislav Hofman oder Otakar Novotny für private, zumeist intellektuelle Auftraggeber scheint zwar wenig standfest – Holz und Polsterung wurden aber schon damals innen versteift, und dort bleibt das daraus resultierende Gewicht verborgen. Genauso wenig will man allerdings die angebliche Bequemlichkeit der kantigen Fauteuils und Sofas für bare Münze nehmen.

Mit den vielen spitzen und stumpfen Winkeln, um die der tschechische Kubismus kreist, bewirkt die national getönte Stilrichtung nicht nur die Dekonstruktion einer Moderne, die sich streng symmetrisch gibt – sondern kann auch als eine Art Manierismus gelesen werden.

Peter Haiko berichtet im Katalog von einer Wiederentdeckung jener Raumexperimente durch die Postmoderne, die den "Schachteln" funktionalistischer Bauart eine Absage erteilt hat: So ist etwa das "Memphis Design" an den pyramidalen Formen des tschechischen Kubismus orientiert.

Aufzählung Ausstellung
cubiCZismus!
Die Dekonstruktion der Moderne in Prag
Wagner-Werk-Museum
Georg Coch-Platz 2, 1010 Wien
bis 29. August

Printausgabe vom Dienstag, 30. Juni 2009

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