Die Secession zeigt politisch engagierte Kunst von Thomas Hirschhorn, Isa Rosenberger und Miklós Erhardt
Robbenblut, zur Parole gemischt
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Willkommen im Warenhaus des Horrors: Thomas Hirschhorn zeigt in der
Secession seine Installation "Das Auge", in der die mediale Abstumpfung
durch Kriegsbilder thematisiert wird. Foto: Pez Hejduk
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Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer
![Aufzählung Aufzählung](00082150-Dateien/wzfeld.gif)
Thomas Hirschhorn hat im Kunsttempel Secession ein monumentales Blutbad
veranstaltet. Doch anders als in den theatralischen Aktionen Hermann
Nitschs ist bei der Arbeit des in Paris lebenden Schweizer Künstlers
ein tiefer Zweifel gegenüber der Signalfarbe Rot spürbar. Keine Spur
von dem geradezu mythologischen Blutrausch à la Nitsch.
Vielmehr
thematisiert die Installation "Das Auge" in ironischen Anspielung das
Sehen an sich, genauer gesagt: unsere Abstumpfung durch die mediale
Bilderflut von Terror, Kriegen, Morden und Schlachten. Dabei hat der
Künstler Originalfotos zerstückelter Opfer im Kleinformat an Säulen
fixiert – entstanden ist eine Installation, an der man nicht blindlings
vorübergeht.
Niemand ist unschuldig
Niemand ist an den Gästetischen dieser Welt oder den Laufstegen für
Pelzmoden unschuldig geblieben. Das Kunstblut rinnt in Strömen aus den
Globen, tropft von den Pelzen und aus den Wunden der Schaufensterpuppen
und Plüschtierrobben. Medizinische Objekte mit Körpereinblick
korrespondieren mit Pappkameraden voller Einschusslöcher, darüber wehen
weißrote Flaggen.
Die Masse der Artefakte lässt kaum einen Durchgang frei, auch kann
man die Objekte kaum überblicken, es entsteht der Eindruck eines
Warenhauses des Horrors. Diesen Charakter prägt auch eine
Begleitschrift, in der hysterische Sprachformeln zusammengewürfelt
sind. Hirschhorn formuliert keine Revolutionsparole, verfolgt trotz der
vielen roten Flaggen keinerlei nationalistische Anwandlungen, spricht
keine Staatssysteme heilig, sondern zieht das Künstlerische zur
Pop-Paraphrase herunter. Er lässt uns keine Illusion: Kunst ist auch
Prostitution.
Kunst und Politik ist für diese Künstlergeneration (Hirschhorn ist
Jahrgang 1957) nicht mehr trennbar: Die Kinder und Enkel von Joseph
Beuys haben die Parallelaktion zum realen Leben mit wissenschaftlichen
Strategien und Werbemitteln fest im Griff.
Anders als früher soll aber der Ironiefaktor die Belehrung mit
erhobenem Zeigefinger verhindern. Doch ein wenig dämmert das
Didaktische als neue Götterdämmerung doch noch mit herauf.
Blick in den Westen
Isa Rosenbergers Video-Installation mit drei Generationen aus in
Bratislava lebenden Frauen verfolgt den Blick in den Westen. Was zuerst
die Sehnsucht nach Freiheit bedeutete, änderte sich im Lauf der Zeit in
eine abgeklärte Enttäuschung über Europa.
Auch Miklós Erhardts Rechercheprojekt "Havanna", Kunst aus einer
Plattenbausiedlung in Budapest, hält Fakten über Vorurteile und
Rassismus mit minimalistischer Genauigkeit fest.
Bildende Kunst
Hirschhorn, Rosenberger, Erhardt Secession: bis 7. September Secession-Galerie: bis 4. September
Dienstag, 05. August 2008
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